Die Gleichwertigkeit von beruflicher und hochschulischer Bildung wird bildungspolitisch angestrebt und gefordert, doch ist sie in der Realität nach wie vor nicht erreicht. So entscheiden sich junge Menschen mehr denn je für hochschulische Bildungsgänge, weil sie sich dadurch bessere Perspektiven im Berufsleben erhoffen. Am Übergang zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung belegen Hürden bei der Anerkennung eine mangelnde Durchlässigkeit der beiden Teilsysteme und auch am Arbeitsmarkt ergeben sich Unterschiede bei der Verwertung der Abschlüsse. Die BWP-Ausgabe behandelt das Thema in seiner Vielschichtigkeit, identifiziert Gründe für die nach wie vor bestehenden Unterschiede und zeigt Perspektiven zu deren Überwindung auf.
Die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung wird gerade in der Politik viel beschworen. Doch sieht die Realität oft anders aus. Hürden am Übergang zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung belegen die mangelnde Durchlässigkeit unseres Bildungssystems und auch am Arbeitsmarkt ergeben sich Unterschiede bei der Verwertung der Abschlüsse. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich in ihrem Zukunftsvertrag für NRW in dieser Hinsicht viel vorgenommen, wie Arbeitsminister Karl-Josef Laumann im Interview erläutert.
Von der Vereinbarung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) im Jahr 2012 versprachen sich Bildungsakteure einen wichtigen Impuls für die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Allerdings mangelt es der von Bund, Ländern und Sozialpartnern getroffenen Vereinbarung bis heute an Rechtsförmlichkeit. Angesichts eines wachsenden Attraktivitätsverlusts der beruflichen Bildung ist eine breite Debatte zur Wertigkeit beruflicher Bildungsabschlüsse mehr denn je erforderlich. Eine Verrechtlichung des DQR könnte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Die duale Berufsbildung in Deutschland gilt in der ganzen Welt als vorbildlich. Im eigenen Land verliert sie jedoch an Ansehen. Immer weniger Jugendliche bewerben sich um eine Ausbildung, während die Zahl der Studierenden zugenommen hat. Wie lässt sich diese Entwicklung erklären? Im Folgenden möchte ich auf zwei Ursachen näher eingehen: zum einen auf den Anerkennungsverlust der beruflichen Bildung durch die Erosion des Mittelschichtversprechens infolge der wachsenden Einkommensungleichheit, zum anderen auf die Folgen der Bildungsexpansion und die damit verbundenen wachsenden Statuserwartungen. Das Ansehen der dualen Ausbildung – so das Fazit – kann nicht allein durch bildungspolitische Reformen verbessert werden, sondern muss in eine nachhaltige Aufwertung und höhere gesellschaftliche Anerkennung von Facharbeit eingebettet sein.
Andauernde Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der resultierende Strukturwandel werfen die Frage auf, ob Berufsausbildungen weiterhin erfolgreiche Berufslaufbahnen auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. In diesem Beitrag werden daher für die Schweiz Erwerbslosigkeit und Löhne von Beschäftigten mit verschiedenen Bildungswegen miteinander verglichen. Es zeigt sich, dass Personen mit Berufsausbildung eine höhere Beschäftigung aufweisen und dass sich die Lohnverteilungen von Personen mit berufs- und allgemeinbildenden Abschlüssen deutlich überlappen.
Gesellschaftliche Debatten um systemrelevante Berufe im Kontext der Coronapandemie haben Fragen der Wertigkeit und Wertschätzung beruflicher Tätigkeiten jenseits ökonomischer Kriterien intensiviert. Mit dem Vergleich von zwei Listen systemrelevanter Berufe verbinden wir die Beschreibung der Wertigkeit anhand von Merkmalen wie Arbeitslohn, Berufsprestige und Arbeitsbelastung mit Analysen zum Qualifikationsniveau der Beschäftigten in diesen Berufen. Mit der Frage, ob sich die Lasten oder Verantwortungen in Krisenzeiten gleichmäßig auf Beschäftigte aller Qualifikationsniveaus verteilen, möchten wir eine erweiterte Perspektive auf die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung eröffnen. Als Datengrundlage dient die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung von 2018.
Christian Ebner; Sabine Krüger; Daniela Rohrbach-Schmidt
Im langfristigen Trend kann in Deutschland eine beträchtliche Zunahme von Studienanfängerinnen und -anfängern beobachtet werden. Der vorliegende Beitrag analysiert den Wert von Berufen, die ein Studium erfordern, im Vergleich zu Berufen, die typischerweise den Abschluss einer Berufsausbildung, eine Aufstiegsfortbildung oder gar keine formale Berufsqualifikation verlangen. Die (Un-)Gleichwertigkeit dieser Berufe wird auf Basis von Lohn und Ansehen untersucht. Beide Dimensionen spielen bei der individuellen Berufswahl und Arbeitsmotivation, aber auch bei betriebsseitigen Stellenbesetzungen eine Rolle.
Der Beitrag nimmt die Fachschule als einen möglichen Ort der Verzahnung von akademischer und beruflicher Bildung in den Blick. Die Durchlässigkeit zwischen der beruflichen und der akademischen Bildung gilt dabei in beide Richtungen. Ein Modellprojekt in Sachsen-Anhalt fokussiert die Durchlässigkeit aus der akademischen in die berufliche Bildung: Zwei Fachschulen für Technik erproben die Aufnahme von Studienaussteigenden. Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg begleitet und berät alle Projektbeteiligten.
InnoVET-Projekte entwickeln und erproben berufliche Fortbildungen mit dem Anspruch, zu akademischen Abschlüssen gleichwertige Angebote zu schaffen. Der Beitrag skizziert anhand von Kriterien, wie Gleichwertigkeit in diesem Kontext verstanden wird, und verdeutlicht dies am Beispiel von zwei ausgewählten Projekten. Analysiert wird, welche Kriterien aus dem wissenschaftlichen Diskurs sich in der Projektpraxis widerspiegeln und wie sie aus der Sicht der Projekthandelnden gewichtet sind.
Seit 1993 können drei- und vierjährige berufliche Grundbildungen, die zum Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) führen, mit einer Berufsmaturität (BM) kombiniert werden. Die BM soll unter anderem die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Grundbildung und Hochschulbildung erhöhen, die Studierfähigkeit an einer Fachhochschule sicherstellen und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels beitragen. Der Beitrag geht der Frage nach, inwiefern die BM diese Ziele erreicht und welche Hürden sich in der Praxis stellen.
Angesichts des Fachkräftebedarfs in der Pflege ist mit der Ausbildung zur Pflegefachfrau/zum Pflegefachmann in Teilzeit die Hoffnung verbunden, weitere Zielgruppen für die Ausbildung zu gewinnen. Es fehlen jedoch systematische Erkenntnisse zur Zielgruppe, zur Angebotsstruktur und zur Organisation. Das Projekt „Teilzeit in der Pflegeausbildung“ (TiPa) widmet sich dem Thema anhand eines methodenintegrativen Forschungszugangs. Dazu wurden neben systematischen Literatur- und Dokumentenrecherchen bundesweit Schulen, Praxiseinrichtungen und Auszubildende befragt. Die im Beitrag vorgestellten Projektergebnisse informieren über die Zielgruppen des Teilzeitangebots, benennen praktizierte Teilzeitmodelle und erörtern Rahmenbedingungen der Umsetzung.
Auf in die zweite Runde! Nach einer coronabedingten Virtual Edition im September 2021 werden die 22. Hochschultage vom 20. bis 22. März 2023 erneut in Bamberg stattfinden – dieses Mal jedoch wieder mit „echten“ Teilnehmenden vor Ort. Im Interview gibt das mittlerweile eingespielte Bamberger Ausrichter-Team Einblicke in das Tagungsprogramm.
Berufe
Verena Schneider; Gunther Spillner; Henrik Schwarz
Mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) von 2020 wurden auf drei Fortbildungsstufen der höherqualifizierenden Berufsbildung die einheitlichen und international anschlussfähigen Abschlussbezeichnungen Geprüfte/-r Berufsspezialist/-in, Bachelor Professional und Master Professional rechtlich verankert. Der Beitrag beleuchtet die Hintergründe der Neuregelung, stellt die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung vor und verweist auf offene Fragen.
Infolge der Neuordnung der Pflegeberufe und der Einführung von erstqualifizierenden Pflege-Studiengängen ergeben sich für die Zuordnung der Abschlüsse im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) neue Herausforderungen. Dies betrifft einerseits Aus-, Fort- und Weiterbildungsabschlüsse innerhalb des Berufsfelds Pflege und andererseits die Kongruenz zu Aus- und Fortbildungsabschlüssen nach BBiG/HwO. Der Beitrag beschreibt, warum eine strukturelle Weiterentwicklung des Berufsfelds Pflege in dieser Hinsicht erforderlich ist, und skizziert Lösungsmöglichkeiten für ein Laufbahnkonzept in der Pflege.
Fachinformatiker/-innen arbeiten in allen Bereichen der Informatik und Informationstechnik, ihr Einsatzgebiet ist sehr offen und breit aufgestellt. Um dem technologischen Wandel und neuen Handlungsfeldern wie Big Data, Robotik, Industrie 4.0, cyber-physische Systeme und IT in Produkten gerecht zu werden, wurde der Ausbildungsberuf im Jahr 2020 modernisiert und um zwei auf insgesamt vier Fachrichtungen erweitert. Der Steckbrief beschreibt Aufgaben und technologische Trends, die den Beruf prägen.
Die dritte Sitzung des Hauptausschusses im Jahr 2022 fand unter Leitung von Dr. Sandra Garbade, Beauftragte der Länder, statt. Beraten wurden unter anderem die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt und die Aktivitäten des BIBB mit Blick auf geflüchtete Menschen aus der Ukraine.