Für die Berufsbildung führt die Corona-Pandemie zu weitreichenden Änderungen, die nicht nur die Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt, sondern viele weitere Themen, wie u.a. das Lernen und Prüfen auf Distanz oder auch einzelne Berufe in besonderer Weise betreffen. Wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen sind durch die Krise Problemlagen besonders deutlich hervorgetreten und hat der Druck bei der Suche nach schnellen Lösungen viel Dynamik ausgelöst. Was davon wird bleiben und die Berufsbildung nachhaltig prägen?
Das Coronavirus hält die Welt in Atem. Kontaktbeschränkungen, wirtschaftliche Einbrüche und die Ungewissheit über die weiteren Entwicklungen stellen auch die Berufsbildung vor große Herausforderung. In welcher Weise hat die COVID-19-Pandemie die Berufsbildung getroffen? Welche bildungspolitischen Maßnahmen oder praktischen Lösungen wurden initiiert und welche Entwicklungen werden die Berufsbildung nachhaltig prägen? Diese Fragen haben wir Berufsbildungsexpertinnen und -experten aus acht Ländern gestellt, darunter fünf Mitgliedern der European Research Review Group. Mit ihren Blitzlichtern geben sie Eindrücke in das aktuelle Geschehen weltweit.
Entgegen den Erwartungen, die man basierend auf den Erfahrungen aus früheren Rezessionen bilden musste, hat der Lehrstellenmarkt in der Schweiz die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste Rezession bislang unbeschadet überstanden. Die Vielfalt der Maßnahmen, die dafür direkt oder indirekt verantwortlich sein könnten, verunmöglicht allerdings ein Urteil darüber, welche Maßnahme nützte und welche nicht. Die überraschend gut überstandene Krise ist aber keine Garantie, dass ein weiterer Stresstest 2021 ebenfalls glimpflich abläuft, wenn man die hohe Verunsicherung der Betriebe im Herbst 2020 als Maßstab für die weitere Entwicklung des Lehrstellenmarkts nimmt.
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise ging die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 57.600 Neuverträge zurück und erreichte damit den niedrigsten Wert seit 1975. Der Beitrag zeigt auf, dass der Einbruch nur deshalb so stark ausfiel, weil in den drei Jahren zuvor erstaunlich viele Jugendliche – insbesondere mit (Fach-)Hochschulreife – eine betriebliche Ausbildung aufnahmen. Das niedrige Niveau an Ausbildungsverträgen war aus demografischer Sicht vorhersehbar. Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob die Einmündungsquoten der Jugendlichen auf dem niedrigen Niveau von 2020 verweilen und was dies langfristig für die Fachkräftesicherung bedeutet.
Gastronomie und Hotellerie sind durch die COVID-19-Krise wirtschaftlich schwer angeschlagen. Entsprechend herausfordernd ist es, die betriebliche Ausbildung in diesem Bereich weiterhin zu gewährleisten und künftig abzusichern. In Wien haben die Sozialpartner ein Ausbildungsverbundmodell entwickelt, das Lehrbetrieben die Fortsetzung der Ausbildung für eine bestimmte Zeit ohne Kosten ermöglicht. Das im Beitrag vorgestellte Pilotprojekt könnte Vorbild für ein branchenübergreifendes und überregionales Regelmodell sein. Potenziale werden abschließend skizziert.
Während der Corona-Pandemie ist das Arbeiten im Homeoffice für einen großen Teil der Erwerbstätigen zum Regelmodell geworden. Welche Entwicklung ist im weiteren Verlauf zu erwarten? Dieser Frage geht der Beitrag anhand von Daten der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 sowie anhand von Auswertungen von Stellenanzeigen aus dem Jahr 2020 nach. Erläutert wird, in welchen Berufsgruppen sich langfristige Veränderungen für beruflich und akademisch Qualifizierte abzeichnen könnten.
Zwischen dem 16. März und dem 8. Juni 2020 war der Präsenzunterricht auf der Tertiärstufe aufgrund der Corona-Pandemie schweizweit untersagt. Um den Fortbestand des Unterrichts an höheren Fachschulen sicherzustellen, war ein sofortiger Übergang zum Fernunterricht und damit verbunden ein rasches und flexibles Umdenken der Lehrpersonen notwendig. Angesichts dieser Herausforderung geht der Beitrag der Frage nach, wie Lehrpersonen die Umstellung auf den Fernunterricht erlebten, und untersucht, welche Kompetenzen für einen erfolgreichen Fernunterricht besonders wichtig waren.
Die aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie berühren eine Vielzahl von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen, nicht zuletzt auch das Bildungssystem. Hier werden insbesondere die Effekte für das Schulwesen und für Schülerinnen und Schülern in den Blick genommen. Weniger prominent diskutiert, dennoch zentral, sind jene für die Hochschulen und die Studierenden. Denn auch hier ist durch die Verlagerung von Lehren und Lernen aus dem analogen in den digitalen Raum eine erhöhte Belastung für die Studierenden erwartbar. Auf Grundlage einer Online-Befragung von Lehramtsstudierenden geht der Beitrag der Frage nach, ob ein solches vermutetes höheres Belastungserleben auch mit einer veränderten Erwartung über den Studienerfolg, insbesondere mit einer erhöhten Intention zum Studienabbruch, einhergeht.
Die COVID-19-Pandemie wird als historischer Einschnitt und starke Verunsicherung wahrgenommen, insbesondere auch wegen der Folgewirkungen auf die Wirtschaftsdynamik und damit verbunden auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Dadurch verändert sich die Wahrnehmung des Zukunftshorizonts der Gesellschaft. Wie ist die biografische Perspektive davon betroffen? Wie verändern sich speziell die Zukunftsvorstellungen junger Menschen am Anfang des Berufslebens?
Als zentraler Bestandteil des Gesundheitssystems haben Medizinische Fachangestellte (MFA) insbesondere in der aktuellen Pandemiesituation eine hohe Systemrelevanz. Auszubildende für diesen Beruf zu gewinnen und langfristig zu halten, ist folglich ein wichtiges gesellschaftliches Ziel. Anhand von Daten einer Online-Umfrage wird in diesem Beitrag beleuchtet, welche konkreten Belastungen sich für diese Zielgruppe während der Ausnahmesituation der Corona-Pandemie ergeben und welche Rolle sie für die Arbeitszufriedenheit der Auszubildenden spielen.
Auszubildende können verschiedene Förder- und Unterstützungsangebote während der Ausbildung in Anspruch nehmen. Mit Hilfe des Datensatzes "Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten" (AID:A) aus dem Jahr 2019 wird im Beitrag untersucht, in welchem Umfang Auszubildende einen subjektiven Förderbedarf äußern und ob dieser auch erfüllt wird. Des Weiteren wird den Fragen nachgegangen, durch welche Personen Auszubildende diese Förderung erhalten und ob sich die Einschätzungen der aktuellen Ausbildungssituation je nach Inanspruchnahme von Förderangeboten unterscheiden.
Sandra Liebscher; Janina Meyer; Britta van Erckelens
Für die Weiterentwicklung der Berufsbildung in Vietnam können staatlich geförderte sogenannte High Quality Institutes (HQI) eine bedeutende Rolle spielen. Durch eine stärkere Einbindung der Wirtschaft bei der Gestaltung von Bildungsangeboten und durch eine Orientierung an internationalen Standards bieten sie Potenziale, deren Verankerung in der Fläche dem vietnamesischen Berufsbildungssystem insgesamt zugutekommen könnte. Der Beitrag stellt Anliegen und Zielsetzung der HQI-Förderung dar und zeigt auf, wie sie im Rahmen der Strategieberatung durch GIZ und BIBB bei der Weiterentwicklung der vietnamesischen Berufsbildungsstrategie 2030 eingeflossen sind.
Die Digitalisierung macht auch vor dem historisch gewachsenen und traditionsbewussten Handwerk nicht halt. Seit den letzten Neuordnungen der handwerklichen Elektroberufe gab es in der Berufspraxis einschneidende Veränderungen. Für die Sozialpartner war dies Anlass, im Jahr 2019 ein Neuordnungsverfahren anzustoßen. Der Beitrag präsentiert zunächst anhand der mit den Sachverständigen diskutierten Perspektiven den stattfindenden Wandel in der Berufsgruppe. Vor diesem Hintergrund werden im zweiten Teil die wichtigsten Änderungen der neugeordneten Berufe vorgestellt.
Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkungen auf Berufe und Branchen, die nicht weit oben in der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Fachkräfte für Kreislauf- und Abfallwirtschaft, die das System der Entsorgung aufrechterhalten, sind in der Krise mit neuen und veränderten Anforderungen konfrontiert. Im Beitrag werden außerdem die drei weiteren Ausbildungsberufe aus der Familie der umwelttechnischen Berufe vorgestellt.
Im Fokus der ersten Hauptausschusssitzung 2021 stand die Beratung zur digitalen Berufsorientierung, an der auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz (KMK) teilnahmen. Ebenfalls wurde die aktuelle Ausbildungsplatzsituation anlässlich der jährlichen Aussprache zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung diskutiert. Ein weiterer Beratungspunkt war die Situation geflüchteter Menschen mit Blick auf ihre Teilnahme an Fördermaßnahmen zur Berufswahl und -ausbildung. Bei diesen und weiteren Themen wurden insbesondere auch die Auswirkungen der Pandemie reflektiert. Geleitet wurde die digital durchgeführte Sitzung von der Vorsitzenden Elke Hannack, Beauftragte der Arbeitnehmer.