Die staatlich anerkannten Ausbildungsberufe sind dem gesetzlichen Auftrag nach an die technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung anzupassen. Durch das in der Bundesrepublik praktizierte Mitwirkungsrecht der Sozialparteien ist das Verfahren der Neuordnung überalterter Ausbildungsregelungen und der Schaffung neuer Ausbildungsstrukturen sehr zeitaufwendig. Der Beitrag geht auf Vorschläge für eine effizientere und zügigere Neuordnung der Ausbildungsberufe ein und stellt Überlegungen zur Umsetzung von Reformvorschlägen an. Dabei werden einige Probleme deutlich, die sich durch das Bedingungsgefüge der Aktualität von Lern- und Prüfungsinhalten, der Dauer der Erarbeitungs- und Abstimmungsverfahren, der mitverantwortlichen Einbeziehung der Sozialpartner und schließlich der staatlichen Verantwortung für die Ordnung der Ausbildungsberufe ergeben. Trotz dieses komplexen Gefüges von Einflußfaktoren sind die geforderten Reformen des Ordnungsverfahrens realisierbar, indem das Verfahren flexibilisiert und am Ordnungsbedarf und -umfang orientiert wird.
Der Technikeinsatz in Wirtschaft und Gesellschaft ist einer der Hauptfaktoren des beruflichen Qualifikationsbedarfs. Der Deutsche Delphi-Bericht, der in dem Beitrag rezensiert wird, ist eine Vorausschau von Sachverständigen auf die technische Entwicklung bis etwa 2020. Im Mittelpunkt der Besprechung steht die Frage, ob die Delphi-Studie eine Hilfe für das Erkennen technikinduzierter Problemlagen in der Berufsbildungsforschung sein kann. Der Beitrag kommt zu dem Schluß, daß eine direkte inhaltliche Nutzanwendung des Delphi-Berichtes für Folgeanalysen in der Qualifikationsforschung gering ist. Dennoch können seine richtungweisenden Ergebnisse und ihre Folgen für die berufliche Qualifizierung von Bedeutung sein. Das Bundesinstitut für Berufsbildung müßte nun Expertenbefragungen in allen Technikfeldern durchführen, die von Relevanz für die zukünftigen Qualifikationsanforderungen sind und dabei neue Merkmale der zukünftigen Arbeits- und Berufswelt feststellen. Eine weitere indirekte Nutzanwendung besteht in der Übernahme der Delphi-Methode auf die Forschungsplanung in der beruflichen Bildung, insbesondere zur Unterstützung der Szenario-Technik.
Im Rahmen der BIBB/IAB-Erhebung 1991/92 wurden auch die Personen erfaßt, zu deren Aufgaben die Ausbildung von Lehrlingen gehört. Ihre Erwerbssituation wird untersucht und mit den Angaben der übrigen Befragten verglichen. Rund 5,3 Millionen Erwerbstätige beteiligen sich an der Qualifizierung von Auszubildenden. Die überwiegend männlichen Ausbilder sind schulisch und beruflich deutlich besser qualifiziert als Nichtausbilder und interessieren sich stärker für Weiterbildungsmaßnahmen. Ihre Arbeitsbedingungen sind tendenziell härter, die an sie gestellten Arbeitsanforderungen vielseitiger als die anderer Arbeitnehmer, und ihre wöchentliche Arbeitszeit ist überdurchschnittlich hoch. Trotzdem äußern sich Ausbilder deutlich zufriedener über ihre Tätigkeit.
Klaus Götz; Dieter Mindermann; Martin Schmidt-Prange
Auf der Grundlage einer Befragung von Führungskräften eines großen Automobilherstellers zu ihrer Arbeitssituation nach der Einführung der CAD-Technologie wird der Frage nachgegangen, wie sich neue Technologien auf die Situation unterer und mittlerer Führungskräfte auswirken. Dabei wird festgestellt, daß trotz neuer Produktionskonzepte die Fixierung der Führungskräfte auf eine vertikale Karriere, verbunden mit fachlicher Verantwortung bestehenbleibt. Soziale Kompetenzen werden geringer gewertet als die fachliche Qualifikation. Die veränderten Anforderungen durch den Einsatz neuer Technologien, durch die angestrebte Veränderung der Arbeitssituation und die Verringerung der Hierarchieebenen kollidieren mit den Zielsetzungen der Führungskräfte. Dies führt dazu, daß die Veränderungen in der Arbeitsorganisation von den Führungskräften nur zum Teil mitgetragen und damit auch die neuen Technologien teilweise nur suboptimal eingesetzt werden.
Wissenschaftliche Begleitung von Modellversuchen in der Berufsbildung unterliegt einer doppelten Zielsetzung: Einerseits soll sie Entscheidungshilfen für Probleme der Praxis geben, die bei der Beantragung der jeweiligen Modellversuche eine Rolle gespielt haben, andererseits soll sie als Begleitforschung Erkenntnisse über die untersuchten Handlungssysteme liefern. Die Forschung befindet sich somit in einem Dilemma zwischen Handlungsmotivierung, d.h. handlungsorientierter Evaluation, und Distanzverpflichtung eines Gutachtens, d.h. summativer Evaluation. Bei der wissenschaftlichen Begleitung des 1994 ausgelaufenen Modellversuchs zur Selbstqualifizierung von Ausbildern bei der Klöckner Stahl AG Bremen haben sich einige Gesichtspunkte herauskristallisiert, die auf ein neues Konzept der responsiven Evaluation hinauslaufen. Die responsive Evaluation wird durch die Interessen der Gruppen gesteuert, die aktiv am Projekt beteiligt oder sonst davon betroffen sind. Ihre Informationsinteressen, Anliegen und Konfliktthemen sind zugleich die Steuerungskriterien der Evaluation.
Der Aufsatz stellt Grundideen eines pädagogischen Konzepts vor, in dem Multimediasysteme als offene Gestaltungswerkzeuge durch Auszubildende genutzt werden. Multimediasysteme können als expressive Medien eine lernerzentrierte Methodik beruflicher Bildung unterstützen. Neben einer Förderung kognitiver Fähigkeiten, insbesondere im Hinblick auf die eigenständige Recherche, Bearbeitung und Präsentation von Informationen, sollen sie auch als Anreicherung einer Persönlichkeitsbildung im Rahmen beruflicher Bildung erprobt werden. Das vorgestellte Konzept wurde im Zusammenhang der sozialpädagogisch orientierten Berufsausbildung entworfen, ist aber auch auf die Berufsbildung im dualen System übertragbar. Im Rahmen der Projektarbeit mit unterschiedlichen Medien wurde hier zur Förderung personaler und kognitiver Fähigkeiten ein "Software-Design-Ansatz" erprobt und realisiert, bei dem die Schüler Lernprogramme für andere entwickeln. Dieser Ansatz zielt darauf ab, dem Auszubildenden ein Höchstmaß an gestalterischer Freiheit beim Einsatz von Multimediasystemen zu geben, um das Strukturieren und Formulieren von Aussagen und die kreative Gestaltung zu unterstützen.
Der Beitrag weist auf Mängel in der Verfahrenspraxis der Neuordnung von Ausbildungsberufen hin. Er kritisiert die Bundesregierung, die ihrer Verpflichtung, die Berufsausbildung an die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernisse anzupassen, nicht ausreichend nachkommt, aber auch die Sozialparteien, die dringend notwendige Neuordnungsverfahren blockieren. Da die Zustimmung aller Beteiligten notwendig ist, um Ausbildungsberufe neuzuordnen und Ausbildungsinhalte zu erneuern, führt dieses Verhalten häufig zu langen Verzögerungen, die letztendlich auf Kosten der Jugendlichen und ihrer Qualifizierungsbedürfnisse gehen. Er plädiert daher für eine Flexibilisierung des Verfahrens und eine Auflösung des Konsensprinzips, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften aus interessenorientierten Gründen nicht einigen können. In diesen Fällen soll die Bundesregierung die Verantwortung übernehmen, muss aber ihrerseits dafür Sorge tragen, dass bereits vom Bundesinstitut für Berufsbildung und den Sozialpartnern eingereichte Vorschläge unverzüglich bearbeitet werden.
Im Frühjahr 1994 befragte das Institut für Pädagogik und Gesellschaft, Münster, im Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung Schulabgänger des Jahres 1994 aus Sekundarstufe I, Gymnasien und berufsbildenden Schulen in den Ländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen nach ihren gewünschten Bildungswegen. Aus dem Sek-I-Bereich antworteten 8.140 Schüler, aus den Gymnasien kamen 3.925, aus berufsbildenden Schulen 3.818 auswertbare Antworten. Dabei bleibt die Orientierung der Schulabgänger in Richtung einer anschließenden Berufsausbildung nahezu konstant. Der Beitrag geht weiterhin auf die beruflichen Präferenzen der Schulabgänger ein, die eine betriebliche Berufsausbildung beginnen wollen, und stellt fest, dass der Ausbildungswunsch in hohem Maße vom erwarteten Schulabschluß bestimmt wird.