Qualifizierungsanforderungen und (neuen) Kompetenzprofile des Ausbildungspersonals stehen mit Mittelpunkt dieser Ausgabe. Hierzu werden aktuelle Forschungsbefunde vorgestellt und Entwicklungsperspektiven in nationaler wie europäischer Hinsicht aufgezeigt. Zudem werden in den Beiträgen unterschiedliche Wege der Qualifizierung/Professionalisierung des Bildungspersonals aufgezeigt. BIBB-Präsident Kremer weist in seinem Kommentar auf die Bedeutung von Kompetenzstandards für das Berufsbildungspersonal hin, da die Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen in der Berufsbildung entscheidend von der Qualität ihrer Arbeit abhängt. Die Ausgabe enthält weitere Beiträge zum Thema Lehrvertragsauflösungen im Kanton Bern, zur Entwicklung von Kompetenzstandards in der betrieblichen Ausbildung in einem Großbetrieb sowie zu Rechtsfragen rund um die Ausbildung in Teilzeit.
Vor dem Hintergrund einer europäischen Qualitätsdiskussion in der Berufsbildung hält der Präsident des BIBB, Manfred Kremer, die Entwicklung von Kompetenzstandards für das berufliche Bildungspersonal für dringend notwendig. Das BIBB verfolgt den Ansatz eines gestuften Qualifizierungsmodells, das von der Ausbildereignungsprüfung über den geprüften Berufsausbilder bis zum geprüften Berufspädagogen reicht, und geeignet ist, solche Standards für das berufliche Bildungspersonal zu konstituieren. Ein besonderes Augenmerk verdienen die ausbildenden Fachkräfte, die an der Berufsausbildung mitwirken, aber gemäß BBiG nur über die persönliche Eignung und die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlichen beruflichen Kompetenzen verfügen müssen. Für diese Gruppe sollte ein umfassendes, in den Ausbildungsprozess integriertes Angebot zur Kompetenzentwicklung entwickelt werden.
In die Qualifizierung der Berufsausbilder ist Bewegung geraten. Neben neuen Qualifizierungsangeboten betrifft dies auch die Ordnungsebene (Neuordnung der AEVO, bundeseinheitliche Regelung eines Fortbildungsberufs für Berufsausbilder/-innen). In diesem Zusammenhang hat das BIBB eine Expertise in Auftrag gegeben, die den strukturellen Differenzierungen des Bildungspersonals und veränderten Qualifikationsanforderungen nachgeht. Hierzu wurden Experteninterviews mit Fachleuten der führenden Branchenverbände und in Unternehmen durchgeführt. Dies ermöglicht einen ersten Überblick, ob und welcher berufspädagogische Qualifikationsbedarf bei welcher Gruppe besteht und mit welchen Qualifizierungswünschen er verbunden ist. Im Folgenden werden einige Ergebnisse – zunächst nur zum Untersuchungsteil „Ausbildung“ – wiedergegeben.
Die Lehrerbildung im beruflichen Bereich steht vor großen Herausforderungen. Neben der Bewältigung von strukturellen Reformen (Umstellung von Diplom- bzw. Lehramtsstudiengängen auf die Bachelor- und Masterstruktur) geht es vor allem darum, die Kompetenzentwicklung von angehenden Lehrpersonen sicherzustellen. In der öffentlichen Diskussion wird – auch als Reaktion auf internationale Vergleichsstudien – vermehrt bezweifelt, dass die Lehrerbildung hierzu tatsächlich in der Lage ist. Entsprechende Aussagen entbehren freilich einer empirischen Grundlage, denn es fehlt nach wie vor eine umfassende Evaluation der ersten Phase der Lehrerausbildung bzw. der Lehrerbildung insgesamt. Im vorliegenden Beitrag werden ausgewählte empirische Studien vorgestellt, die die Kompetenzentwicklung bei angehenden Lehrkräften an kaufmännischen Schulen thematisieren. Zudem wird ausgeführt, wie fachdidaktisches Coaching zur Kompetenzentwicklung genutzt werden könnte.
Mit der Initiierung des Kopenhagen-Prozesses und dem bildungspolitischen Programm 2010 (Lissabon Agenda) für die Entwicklung der europäischen Bildungssysteme wird dem Lehrpersonal eine Schlüsselfunktion zugesprochen. Es stellt sich die Frage, auf welche Art und Weise die wichtige Rolle des beruflichen Bildungspersonals am Besten durch eine europäische Berufsbildungspolitik flankiert werden kann. In diesem Beitrag werden Erfahrungen aus europäischen Projekten, Grundlagen der europäischen Zusammenarbeit bezüglich des beruflichen Bildungspersonals und mögliche Perspektiven aufgezeigt.
Im Kontext der aktuellen Diskussionen über die Leistungsfähigkeit des deutschen Berufsbildungssystems nimmt das Bildungspersonal eine Schlüsselrolle für die Qualität beruflicher Aus- und Weiterbildung ein. Allerdings werden Professionalisierungs- und Qualifizierungsstrategien für diese Zielgruppe häufig lernortspezifisch entwickelt und umgesetzt. Aktuelle berufspädagogische Trends begründen jedoch eine stärkere inhaltliche Zusammenarbeit von betrieblichem und außerbetrieblichem Ausbildungspersonal, Berufsschullehrern/-lehrerinnen und sozialpädagogischen Fachkräften. Hierzu zeigt der Beitrag anhand von Beispielen aus der Fortbildungspraxis mögliche Wege auf. Deutlich wird, dass eine kooperative, lernortübergreifende Qualifizierung des Bildungspersonals entscheidend zur Professionalisierung beitragen kann.
Mit der Verbindung ingenieurwissenschaftlicher und betriebspädagogischer Studien wird im Rahmen des Studiengangs Bachelor für Berufsbildung an der Universität Magdeburg ein erster berufsqualifizierender Universitätsabschluss eingeführt, der in späteren Masterprogrammen ausgebaut werden kann – etwa zur Lehrkraft an berufsbildenden Schulen oder in Bereichen wie Berufsbildungsmanagement oder Internationaler Berufsbildung. Frühzeitig wurde mit der Siemens Professional Education Mitteldeutschland überlegt, wie auf dieser Basis Fachkräfte für den betrieblichen Berufsbildungsbereich ausgebildet werden können. In dem hier vorgestellten Modell geschieht dies in einer zeitlich integrierten Verbindung des Hochschulstudiums mit einem betrieblichen Ausbildungsabschluss gem. BBiG und verschiedenen betrieblichen Trainingsprogrammen für Berufsbildungsfachkräfte.
Im Zuge der Modernisierung der beruflichen Bildung wird stets betont, wie wichtig die Fort- und Weiterbildung des Aus- und Weiterbildungspersonals ist. In einer Reihe von Bundesländern (Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Baden-Württemberg) wird derzeit in enger Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) die Fortbildung „Berufspädagoge/Berufspädagogin IHK“ realisiert. Erste Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern werden hier vorgestellt.
Zur Verbesserung der Ausbildungsqualität investieren viele Unternehmen in die systematische Qualifizierung ihres Ausbildungspersonals. So auch das Unternehmen Kennametal Produktions GmbH & Co. KG. Hier erfolgte die Ermittlung von Qualifizierungsbedarfen und die Umsetzung in entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems „Lernerorientierte Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung (LQW)“. Der Beitrag skizziert das LQW-Modell in seinen Grundzügen und veranschaulicht anhand ausgewählter Qualitätsbereiche die Umsetzung in der betrieblichen Praxis. Herausgearbeitet werden die Erfahrungen mit und nach dem Qualitätsentwicklungsprozess und der Nutzen, der sich für die Organisation und die Beschäftigten ergeben hat. Dies betrifft sowohl Arbeitsabläufe und betriebsinterne Kommunikationsprozesse als auch bedarfsorientierte Qualifizierungsangebote für das Ausbildungspersonal.
Die Baubranche in Montenegro boomt. Trotz der 40.000 ausländischen Fachkräfte fehlen der lokalen Bauwirtschaft 15.000 Baufacharbeiter/-innen. Um dem Fachkräftemangel mit einer arbeitsmarktorientierten Berufsausbildung zu begegnen, werden im Rahmen des GTZ-VET-Projekts an der Bauberufsschule in Podgoridca Lehrkräfte qualifiziert, entsprechende Organisationsstrukturen geschaffen und die Curriculumentwicklung in den Bauberufen unterstützt.
Beim betrieblichen Ausbildungspersonal handelt es sich um eine heterogene Gruppe, die in ihrem Ausbildungsalltag mit ganz verschiedenen Fragestellungen und Problemen konfrontiert wird. Da die meisten Ausbilder/-innen nur neben ihrer eigentlichen Facharbeit ausbilden, fehlen oft die Möglichkeiten und die Zeit, diese zu analysieren und zu lösen. Hier bieten das Internet und besonders die innovativen Web 2.0-Anwendungen die Chance zur Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung. Solche virtuellen Ausbildernetzwerke lassen sich zur Information, zur Kommunikation und zur Weiterbildung nutzen. In diesem Beitrag werden Praxisbeispiele und ihre Einsatzmöglichkeiten vorgestellt.
Dänemark verfügt über ein duales Berufsbildungssystem, in dem die Auszubildenden circa drei Viertel ihrer Ausbildungszeit im Betrieb verbringen. Ungefähr 25 Prozent der dänischen Unternehmen – überwiegend kleine oder mittlere Unternehmen – verfügen über eine Ausbildungsgenehmigung. Sie bezieht sich primär auf betriebliche und fachliche Anforderungen sowie Sicherheitsmaßnahmen. Darüber hinausgehende formalisierte pädagogische Anforderungen an das Ausbildungspersonal gibt es nicht.
Die über 300.000 ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer, die im Auftrag der zuständigen Stellen Prüfungen für staatlich anerkannte Aus- und Fortbildungsberufe abnehmen, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung in der beruflichen Bildung. Die Aufgabe erfordert entsprechend qualifiziertes Prüfungspersonal. Mit dem Prüferportal wurde jetzt eine zentrale Informations- und Kommunikationsplattform im Internet geschaffen. Das Portal ist seit September 2008 unter www.prueferportal.org zu erreichen.
Eine Lehrvertragsauflösung ist für viele Jugendliche ein sehr belastendes Ereignis. Nebst dem Gefühl versagt zu haben, steht für viele die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es weitergeht, im Vordergrund. Die Längsschnittstudie LEVA hat rund 1.200 Jugendliche in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Lehrvertragsauflösung begleitet. Der Beitrag gibt einen Überblick über das Ausmaß von Lehrvertragsauflösungen im Kanton Bern und beschreibt die Ursachen aus Sicht der betroffenen Vertragsparteien. Daran anschließend wird der Verbleib der Jugendlichen nach der Lehrvertragsauflösung sowie deren Chance auf einen Wiedereinstieg in eine zertifizierende Sekundarstufe-II-Ausbildung im Zeitverlauf berichtet. Der Beitrag benennt schließlich Faktoren, die den Wiedereinstieg begünstigen respektive hemmen, und schließt mit einigen Schlussfolgerungen im Hinblick auf Maßnahmen zur Prävention von Lehrvertragsauflösungen.
Die Beschreibung von Kompetenzen und Lernergebnissen in standardisierter Form wird in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik im Kontext von Flexibilisierungsbemühungen der Ausbildung und der Einführung des Europäischen Qualifikationsrahmens diskutiert. Weniger offensichtlich ist, dass auch große Fertigungsbetriebe ein Interesse an transparenten und vergleichbaren Kompetenzstandards zur Systematisierung ihrer Personalentwicklung und Einsatzplanung haben. Der Artikel beschäftigt sich mit der Systematisierung des Kompetenzerwerbs in der Aus- und Weiterbildung sowie der Dokumentation bereits erlangter beruflicher Handlungsfähigkeit mit Hilfe einheitlicher Standards. Die Autoren berichten aus dem Projekt KomBi der Volkswagen Coaching, das sie wissenschaftlich begleiten (2007– 2010).
Berufsausbildung ist grundsätzlich als Vollzeitausbildung ausgerichtet. Aus diesem Grund kann sie z. B. auch nicht neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule betrieben werden (BVerwG 25. 2. 1982 – 5 C 1.81 – EzB Nr. 21 zu § 32 BBiG 1969). Hiervon macht der mit Berufsbildungsreformgesetz vom 23. März 2005 (BGBl. I, S. 931) neu in das Gesetz eingefügte § 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG insofern eine Ausnahme, als dort die Voraussetzungen für die Absolvierung einer Teilzeitausbildung geregelt sind.
Mit dem Hermann-Schmidt-Preis 2008 wurden Projekte und Initiativen ausgezeichnet, die sich der Förderung unterschiedlicher Gruppen Jugendlicher und junger Erwachsener gewidmet haben. Gemäß dem Leitmotiv "Jeder wird gebraucht, niemand darf aufgegeben werden" gewinnen Initiativen an Bedeutung, die zielgerichtet bei den individuellen Stärken und Schwächen der Auszubildenden ansetzen. Ausgezeichnet wurden Bildungskonzepte, die die Förderung Jugendlicher mit besonderem Förderbedarf und die Förderung leistungsstarker Jugendlicher zum Ziel hatten. Die Beilage enthält Informationen zu den Preisträgern und Projekten.