Das Schwerpunktthema dieser BWP-Ausgabe greift die Leitlinie 4 des Innovationskreises berufliche Bildung (IKBB) zur Modernisierung der beruflichen Bildung auf und behandelt zentrale Aspekte wie u.a. das Konzept der "Ausbildungsbausteine", die Umorientierung der Ausbildungsordnungen auf Kompetenzbeschreibungen, Überlegungen zu Berufsfamilien mit gemeinsamen Kernqualifikationen, Fragen der Durchlässigkeit und Transparenz im Bildungssystem sowie Ansätze zur besseren Verzahnung von Aus- und Weiterbildung in der Ordnungsarbeit. Im BWP-Interview erläutert Ministerialrat Arno Leskien (BMBF) welche Teilerfolge auf dem Weg der Flexibilisierung des deutschen Berufsbildungssystems bereits zu verzeichnen und welche weiteren Schritte noch zu meistern sind. Angesichts der Herausforderungen für das (Berufs-) Bildungssystem plädiert BIBB-Präsident Manfred Kremer im Kommentar zum Heft für mehr Offenheit bei der Erprobung und empirischen Prüfung alternativer Modelle und Konzepte. Weitere Themen der Ausgabe sind Erfahrungen bei der Entwicklung zweisprachiger Ausbildungsmodule im Rahmen eines Leonardo-Projekts sowie Fragen zu rechtlichen Rahmenbedingungen bei Auslandsaufenthalten während der Ausbildung.
Durch den demografischen Wandel geraten Qualifikationsnachfrage und -angebot aus dem Gleichgewicht. Diese gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Tendenzen treffen auf Entwicklungen im Berufsbildungssystem, die eine breite Flexibilisierungsdebatte ausgelöst haben. Herausforderung für das Berufsbildungssystem ist, Höherqualifizierung in erheblichem Umfang zu ermöglichen, aber zugleich die Ausbildung in der notwendigen Breite, d. h. Ausbildung für alle, sicherzustellen. Als wesentliche Inhalte dieser Debatte nennt Kremer: 1. Alternative Wege zur umfassenden beruflichen Handlungskompetenz zulassen. Dabei steht das unbedingte Festhalten an einem in sich geschlossenen Bildungsgang, dessen Teile als Ganzes entwickelt und umgesetzt werden, der Auffassung gegenüber, dass volle berufliche Handlungsfähigkeit auch über Ausbildungsbausteine erworben werden kann. 2. Das Berufsbildungssystem stärker zur schulischen Berufsausbildung hin erweitern und öffnen. 3. Berufsausbildungsgänge kompetenz- und outcomeorientiert gestalten. 4. Durchlässigkeit und Gleichwertigkeit schaffen.
Mit dem Schwerpunktthema dieser Ausgabe "Berufsprinzip stärken – Flexibilisierung vorantreiben" greift die BWP die Leitlinie 4 des Innovationskreises berufliche Bildung (IKBB) zur Modernisierung der beruflichen Bildung auf. Im Interview mit Ministerialrat Arno Leskien, Leiter des Referats "Ordnung der beruflichen Bildung" im BMBF, geht es darum, wie diese Herausforderung gelingen kann, welche Teilerfolge auf dem Weg der Modernisierung des deutschen Berufsbildungssystems bereits zu verzeichnen und welche weiteren Schritte noch zu meistern sind.
Die Qualifizierung von Arbeitskräften unterhalb des akademischen Niveaus gewinnt unter wirtschafts- und sozialpolitischer Perspektive international zunehmend an Bedeutung. Sie kann – im Zuge der Globalisierung sozusagen neu entdeckt – aktuell für alle Staaten als ein gewichtiger Produktionsfaktor gelten. Wurde in Deutschland bislang die Erwerbsqualifizierung der breiten Arbeitnehmerschicht traditionell als 'Berufsausbildung' oder 'Berufserziehung' verstanden und entsprechend praktiziert, so wird – vor allem in Konfrontation mit angelsächsischer Praxis und Begrifflichkeit – inzwischen deutlich, dass Erwerbsqualifizierung, orientiert am Berufsprinzip, nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt. Exemplarisch lässt sich diese Sichtweise am Begriff „Employability“ verdeutlichen. Die Universalisierung qualifikatorischer Orientierung hat indes theoretische und ausbildungspolitische Folgen, die hier analysiert und kritisch bewertet werden.
Überlegungen zur Entwicklung modularer Ausbildungsstrukturen lösten bereits Ende der 1990er Jahre in Deutschland eine große Kontroverse aus. Im Jahr 2006 lebte die Debatte – mit dem Begriff „Ausbildungsbausteine“ – wieder auf. In einer breit angelegten Kampagne der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Berufsbildung hat das BIBB im Sommer 2007 im Rahmen einer Pilotinitiative des BMBF gemeinsam mit betrieblichen und schulischen Experten und Expertinnen für 14 bestehende Ausbildungsberufe kompetenzbasierte Ausbildungsbausteine entwickelt. Der Beitrag stellt die bildungspolitischen Hintergründe dieser Pilotinitiative dar. Ausgehend von der Beschreibung bestehender Ansätze modularer Strukturen in bestehenden Ausbildungsordnungen wird das Konzept zur Entwicklung von Ausbildungsbausteinen erläutert und an einem Beispiel veranschaulicht.
Der Innovationskreis berufliche Bildung der Bundesregierung hat mit seinen „10 Leitlinien zur Modernisierung und Strukturverbesserung der beruflichen Bildung“ Vorschläge zur Reform unterbreitet. Mit Bezug auf die Leitlinie 4 geht der Beitrag der Frage nach, wie Berufsfamilien mit gemeinsamen Kernkompetenzen zur Stärkung des Berufsprinzips beitragen können. Auf der Grundlage von Erfahrungen in der Ordnung kaufmännischer Dienstleistungsberufe werden erste Ideen für eine systematische Zuordnung von Berufen dargestellt, aus denen sich neue Impulse für die Ordnungsarbeit und die Ausbildungspraxis ableiten lassen.
Franz Schapfel-Kaiser; Rainer Brötz; Henrik Schwarz
Der Innovationskreis berufliche Bildung der Bundesregierung hat mit seinen '10 Leitlinien zur Strukturverbesserung der beruflichen Bildung' Vorschläge zur Reform unterbreitet. Mit Bezug auf die Leitlinie 4 geht der Beitrag der Frage nach, wie Berufsfamilien mit gemeinsamen Kernkompetenzen zur Stärkung des Berufsprinzips beitragen können. Auf der Grundlage von Erfahrungen in der Ordnung kaufmännischer Dienstleistungsberufe werden erste Ideen für eine systematische Zuordnung von Berufen dargestellt, aus denen sich neue Impulse für die Ordnungsarbeit und die Ausbildungspraxis ableiten lassen.
Ein Konzept europäischer Kernberufe wurde bereits Anfang der 1990er Jahre diskutiert. Gegenwärtig beleben die Vorschläge für einen Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) und für ein Leistungspunktesystem in der Berufsbildung (ECVET) die Diskussion wieder. Ob dabei Berufe eine Rolle spielen sollen und welches „Berufsbildungskonzept“ in Europa konsensfähig ist, ist noch ungeklärt. Kernberufe können die Basis für den jeweiligen Kontext einer sektorbezogenen „ECVET-Ausstattung“ bilden und ein wichtiger Beitrag für einen europäisch ausgerichteten Berufsbildungsdialog der Sozialpartner und Politik sein. Sie können dann die Plattform bieten für EQR, für ECVET und andere Instrumente. Im Folgenden wird geprüft, ob die Etablierung europäischer Kernberufe eine Chance ist, die europäische Berufsbildungsdiskussion um ein modernes Beruflichkeitskonzept anzureichern.
Seit 2004 gilt in der Schweiz ein neues Berufsbildungsgesetz. Es regelt sämtliche Bildungsbereiche außerhalb der Hochschulstufe: Dies umfasst die traditionelle gewerblichindustrielle und kaufmännische Berufsbildung sowie die zuvor separat geregelten Land- und Waldwirtschaft bzw. in kantonaler Hoheit befindlichen Berufsbildungen der Gesundheit, des Sozialen und der Kunst. Die Integration der Bereiche hat das Denken in Systemzusammenhängen herausgefordert und gefördert. Es hat die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Allgemeinbildung erhöht, und die erzielte Transparenz ermöglicht eine bessere Steuerbarkeit des schweizerischen Berufsbildungssystems. Der Beitrag beschreibt Maßnahmen und Instrumente, durch die die integrative Wirkung des Berufsbildungssystems in der Schweiz für alle jungen Menschen gestärkt und gleichzeitig die Förderung besonders Leistungsstarker ermöglicht werden und unterstreicht die Bedeutung der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe.
Leistungsfähigkeit und Qualität der dualen Berufsausbildung zeigen sich nicht nur im Binnenbereich, sondern auch an den Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Bildungsbereichen. Die Teilsegmente, die auf die Arbeitswelt vorbereiten – also im Wesentlichen Hochschule, Berufsbildung und prekäre Qualifizierungsgänge am unteren Rand – bedienen nicht mehr nur exklusive Teilarbeitsmärkte, sondern stehen in weiten Überschneidungsbereichen des Arbeitsmarkts im Wettbewerb zueinander. Wettbewerb besteht sowohl in Bezug auf das Bildungswahlverhalten von leistungsfähigen Jugendlichen wie auf die Rekrutierungsstrategien von Arbeitgebern, die mit der Verberuflichung vieler Studiengänge über Alternativen zur dualen Ausbildung verfügen werden. Die duale Ausbildung gerät dadurch mittelfristig unter Druck.
Europäische Entwicklungen zielen auf verstärkte Zusammenarbeit im hochschulischen und beruflichen Bildungsbereich. Transparenz über unterschiedliche Abschlüsse und Zertifikate sind dabei Voraussetzungen, um Mobilität und Flexibilität im Bildungs- und Beschäftigungssystem zu gewährleisten. Während in diesem Sinne Veränderungen in der Studienstruktur an Hochschulen bereits umgesetzt wurden, befinden sich die Entwicklungen in der beruflichen Bildung zu mehr Transparenz und Flexibilität noch am Anfang. Im Rahmen der BMBF-Initiative „Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge“ (ANKOM) wurden erste Ansätze entwickelt, die durch eine Lernergebnisorientierung sowohl die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung befördern als auch flexible Übergänge und Anschlüsse innerhalb der beruflichen Bildung entwickeln können
Meistens werden Ausbildungsordnungen und Fortbildungsordnungen in getrennten Verfahren und in großem zeitlichen Abstand voneinander erarbeitet. In diesem Beitrag wird dagegen die verzahnte Erarbeitung der Ausbildungsordnung Produktionstechnologe/-technologin und der Fortbildungsordnung Prozessmanager-/in Produktionstechnologie beschrieben. Das Beispiel zeigt, wie in einem vermeintlich traditionellen Wirtschaftsbereich ein Innovationsdruck entsteht, der mit den bisherigen Ausbildungsberufen allein nicht mehr abgedeckt werden kann und der Lösungen verlangt, die Aus- und Weiterbildung miteinander koppeln. Das Berufskonzept kann damit eine weitere Akzentuierung erfahren, weil so systematisch und berufsförmig auf lebensbegleitendes Lernen fokussiert wird.
Das novellierte Berufsbildungsrecht bietet den Akteuren der beruflichen Bildung neue Möglichkeiten zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Durch effizientere Nutzung der Ressourcen eines ausufernden "Übergangssystems" mit den knappen Ressourcen des dualen Systems könnte dem nach wie vor hohen Bedarf an Ausbildungsplätzen besser entsprochen werden. Die Verzahnung von betrieblichen und schulischen Ausbildungsabschnitten ermöglicht Synergieeffekte. Diese Chancen müssen allerdings gesehen und vorurteilsfrei bewertet werden und: sie müssen genutzt werden.
Um die Mobilität und Flexibilität von Lernenden in einem 'europäischen Bildungsraum' zu erleichtern, sollen Vergleichbarkeit, Transfer und wechselseitige Anerkennung von beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen sowohl zwischen verschiedenen europäischen Bildungssystemen als auch innerhalb der nationalen Systeme gefördert werden. Die BMBF-Pilotinitiative DECVET setzt auf nationaler Ebene an dieser berufsbildungspolitischen Zielsetzung an. Im Beitrag werden wesentliche Ziele und Schwerpunkte sowie die Struktur dieses aktuellen Programms vorgestellt.
Jugendliche mit Migrationshintergrund verfügen über Kompetenzen in mehreren Sprachen und bringen Erfahrungen aus verschiedenen Kulturräumen mit. Damit haben diese Jugendlichen Kompetenzen, die von der Wirtschaft zunehmend gefragt werden.
Die Erarbeitung von Ausbildungsordnungen und ihre Abstimmung mit den Rahmenlehrplänen der KMK erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren, in das die an der beruflichen Bildung Beteiligten maßgeblich einbezogen sind. Grundlagen für die Entwicklung von Ausbildungsordnungen werden in Projekten des Bundesinstituts für Berufsbildung ermittelt. Das Erarbeitungs- und Abstimmungsverfahren wird nach der Festlegung der Eckdaten beim zuständigen Fachministerium auf dessen Weisung in Zusammenarbeit mit Sachverständigen der Berufsbildungspraxis, die von den Arbeitgebern und Gewerkschaften benannt wurden, durchgeführt. Die Erarbeitung von Fortbildungsordnungen erfolgt auf Weisung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das Erarbeitungsverfahren ähnelt dem in der Ausbildung, ist aber weniger festgelegt. Insbesondere findet hier keine Abstimmung mit dem Schulsystem der Länder statt.
Das Berufsbildungsreformgesetz vom 23. März 2005 hat Paragraph 2 Abs. 3 BBiG neu in das Gesetz eingefügt. Diese Vorschrift sieht vor, dass Teile der Berufsausbildung im Ausland durchgeführt werden können, wenn dies dem Ausbildungsziel dient. Im Beitrag werden einige Rechtsfragen aufgegriffen und geklärt, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind.
Themen der Sitzung des Hauptausschusses waren der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR), die Ausbildungsstellensituation, die Vorbereitung eines internationalen Large-Scale-Assessment in der beruflichen Bildung und atypische Beschäftigungsverhältnisse bei beruflich qualifizierten jungen Menschen. Außerdem beschloss der Hauptausschuss Empfehlungen zur Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit/zur Teilzeitberufsausbildung sowie zur vorzeitigen Zulassung der Abschlussprüfung, zur Qualitätssicherung und zum Qualitätsmanagement in Ordnungsverfahren sowie zwei Musterprüfungsordnungen für Fortbildungsprüfungen gemäß BBiG/HwO.