Die Berufsbildungslandschaft verändert sich infolge demografischer und technologischer Entwicklungen. Spürbar wird dies u.a. an weniger Auszubildenden, die jedoch zunehmend heterogene Voraussetzungen mitbringen, an anspruchsvolleren Ausbildungsinhalten und sich verstetigenden Passungsproblemen am Ausbildungsmarkt. Welche Auswirkungen hat dies für die Zusammenarbeit der Kooperationspartner in der Berufsbildung? Wo entstehen neue Kooperationen und wie werden bestehende weiterentwickelt, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewährleisten? Die Beiträge dieser Ausgabe beleuchten Anlässe von Kooperationsformen in der beruflichen Bildung und zeigen Potenziale für die Lernenden und die Lernorte auf.
Die betriebliche Ausbildung trägt wesentlich zur Integration junger Geflüchteter bei. Zur Unterstützung vor und während der Ausbildung gibt es zahlreiche Maßnahmen. Doch wie geeignet sind diese aus Sicht der Betriebe? Im BIBB-Qualifizierungspanel wurden dazu im Jahr 2017 Ausbildungsbetriebe befragt, die bereits geflüchtete Menschen ausbilden, und solche, die in diesem Bereich noch keine Erfahrung sammeln konnten.
Ausländische bzw. als ausländisch wahrgenommene Jugendliche sehen sich in der traditionellen einzelbetrieblichen Berufsbildung mit verschiedenen Benachteiligungen konfrontiert: Sie haben einen erschwerten Zugang zu einem Ausbildungsplatz und lösen ihren Ausbildungsvertrag häufiger vorzeitig auf. Lehrbetriebsverbünde könnten aufgrund organisationsspezifischer Merkmale gerade für diese Jugendlichen die Integration in die berufliche Ausbildung erleichtern. Im Beitrag werden Ergebnisse einer Studie vorgestellt, die diese Potenziale von Lehrbetriebsverbünden in der Schweiz untersucht.
Kommunale Schulträger sind über Landesgesetze verpflichtet, Schulentwicklungsplanungen vorzulegen. Mit ihrer – für die Berufsbildung in Deutschland typischen – großen Anzahl an Akteuren und Verflechtungen mit bundes- und landesweiten Regelungen und Entwicklungen gerät dabei die Entwicklungsplanung für berufliche Schulen an Grenzen der Steuerbarkeit. Im Beitrag werden zunächst allgemeine Problemlagen einer solchen Entwicklungsplanung sowie Optionen für eine mögliche regionale Koordinierung im Bereich der beruflichen Schulen beschrieben. Im Fallbeispiel einer angestrebten regionalen Koordination in Hessen werden anhand der Fachklassenproblematik im dualen System einige Herausforderungen für eine zielgerichtete regionale Berufsschulentwicklung benannt.
Seit dem Schuljahr 2009/10 praktizieren allgemeinbildende und berufsbildende Schulen im Landkreis Hameln-Pyrmont ein Kooperationsmodell, das Schülerinnen und Schülern der Klassen 9 und 10 neben dem allgemeinbildenden Schulabschluss eine breite berufliche Grundbildung vermittelt. Jugendliche sollen so bei ihrer Berufswahlentscheidung unterstützt und ihre Ausbildungschancen verbessert werden. Was zunächst als Schulversuch begann, konnte bereits im dritten Jahr in Regelform überführt werden und hat sich seither kontinuierlich weiterentwickelt. Im Beitrag werden die Beweggründe zur Entwicklung und die Konzeption des Modells beschrieben. Die Einmündungs- und Übergangszahlen belegen den Erfolg dieses Modells. Dieser wird nicht zuletzt durch eine enge Kooperation der Schulleitungen und den regelmäßigen fachlichen Austausch der Lehrkräfte ermöglicht.
Die Hörakustik ist ein Paradebeispiel für gelingende Kooperation in der handwerklichen Aus- und Weiterbildung: Die Verknüpfung von Berufsbildung und akademischer Bildung ermöglicht konzeptionelle Weiterentwicklungen und den Ausbau fachlicher Kompetenzen. Der Beitrag zeigt anhand von Praxisbeispielen auf, wie bestehende Kooperationen im Zuge der Digitalisierung lokal intensiviert wurden und welche Perspektiven sich für einen internationalen Austausch bieten.
Komplexer werdende Heizungsanlagen erfordern laufende Schulungen der Fachkräfte im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk. Aus den Weiterbildungsangeboten eines Herstellers für Heizungspumpen entwickelte sich ein Netzwerk, das in Einrichtungen der beruflichen Bildung zu einem festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung in diesem Handwerk wurde. Im Beitrag werden Aufbau, Entwicklung und Besonderheiten dieses Netzwerks beschrieben.
Vor dem Hintergrund langjähriger Netzwerkarbeit im Feld der beruflichen Integration von Geflüchteten in Hamburg werden im Beitrag spezifische Ansätze und Beispiele von Kooperationspraktiken illustriert sowie deren Chancen und Grenzen reflektiert. Bedeutsam sind dabei die Vielfalt der Akteure sowie die unterschiedlichen Ebenen, auf denen sie agieren. Resümiert werden Schlussfolgerungen und Fragestellungen für die Weiterentwicklung von Kooperationskonzepten und programmatischen Steuerungslogiken, um die Wirksamkeit von Vernetzungsstrukturen im Handlungsfeld Berufsbildung und Arbeitsmarkt zu verbessern.
Um regionale Unterstützungsstrukturen zum Thema »Ausbildung und Migration« aufzubauen, entwickeln die KAUSA Servicestellen regionale Handlungspläne. Ihr Vorgehen ist dabei abhängig von den jeweiligen regionalen Gegebenheiten. Am Beispiel der KAUSA Servicestelle Region Hannover wird aufgezeigt, wie eine unternehmensorientierte strategische Netzwerkarbeit initiiert und gemeinsame Planungen angeschoben werden.
Viele Studienmodelle des dualen Studiums haben den Nachteil, dass die Studierenden nur vergleichsweise kurze Zeiträume von vier Wochen bis maximal drei Monate am Stück im Unternehmen verbringen. Außerdem ist die inhaltliche Verzahnung von Theorie im Studium und in der Praxis bzw. Ausbildung im Unternehmen nicht immer optimal möglich. Um diese Nachteile auszugleichen, wurde mit dem Studienmodell des Bachelor-Studiengangs Systems Engineering ein Teilzeitstudienmodell mit digitalen Lehrmodellen und unternehmensbezogenen Projekten entworfen. Im Beitrag wird das Studienmodell vorgestellt und aufgezeigt, wie die Interessen der beteiligten Kooperationspartner bei der Entwicklung und Umsetzung Eingang finden.
Der anhaltende Akademisierungstrend und der Mangel an hochqualifizierten Fach- und Führungskräften stellen das Handwerk vor große Herausforderungen. Um den Bedarf decken zu können, muss das Handwerk durch attraktive Angebote (Fach-)Abiturientinnen und -Abiturienten stärker als Nachwuchskräfte gewinnen. Der Beitrag zeigt am Beispiel eines trialen Studiums, wie dies durch Kooperation zwischen Handwerk und Hochschule gelingen kann.
In der Slowakei wurde 2015 ein neues Gesetz zur Berufsbildung verabschiedet, das auch die Einführung einer dualen Ausbildung umfasst. Es regelt u. a. neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen Staat und Wirtschaft auf nationaler Ebene sowie zwischen Schulen und Wirtschaft auf regionaler und lokaler Ebene. Im Beitrag werden diese Regelungen dargestellt und erste Umsetzungserfahrungen am Beispiel der Entwicklung von Ausbildungsprogrammen für Schuhmacher/-innen geschildert.
Immer mehr Ausländer/-innen münden ins Ausbildungsgeschehen ein. Welche (Aus-)Bildungsmöglichkeiten nehmen sie wahr und wie unterscheiden sich diese von denen deutscher Jugendlicher? Hierzu werden im Beitrag Daten der integrierten Ausbildungsberichterstattung (iABE) ausgewertet.
Science Center bieten die Möglichkeit, die Welt und ihre Phänomene mithilfe von interaktiven Exponaten zu erschließen. Darüber hinaus können Besucher/-innen auf spielerische Weise auch etwas über ihre eigenen Fähigkeiten lernen. Im Science Center experimenta in Heilbronn wird derzeit die Talentsuche auf Basis des in der Berufsberatung eingesetzten RIASEC-Modells weiterentwickelt, um sie stärker zur Erkundung berufsbezogener Fähigkeiten zu nutzen. Im Beitrag wird das Modell in seinen Grundlagen skizziert und die Umsetzung im Rahmen der Ausstellung aufgezeigt. Abschließend werden Potenziale dieses Angebots im Rahmen von Berufsorientierungsprozessen reflektiert.
Das Prüfungswesen nimmt eine Schlüsselstellung bei Reformen der Berufsbildung ein, da es unmittelbare Auswirkungen auf Lernprozesse und Strukturen hat. Gleichzeitig wirken bei dessen Weiterentwicklung viele Akteure mit, die unterschiedliche Interessen verfolgen. Dieser Beitrag zeigt vor dem Hintergrund des Wechselspiels zwischen Impulsen aus der Praxis und ordnungspolitischer bzw. gesetzgebender Rahmung auf, welche Veränderungen es bezogen auf Prüfungsstruktur, Prüfungsinstrumente sowie Leitbilder in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Im Ausblick werden diese Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Prüfungspraxis reflektiert.
Franz Kaiser; Maren Keup-Gottschalck; Gerd Labusch
Digitalisierte Prüfungsauswertung verspricht Effizienz und Objektivität. Was aber, wenn mit den automatisierten Prüfungen Fehler im System einhergehen? Wer verantwortet diese? Nachfolgend wird aufgezeigt, welche Wirkungen die Automatisierung auf Prüfungsergebnisse hat. Diese werden vor dem Hintergrund des Leitbilds beruflicher Handlungsfähigkeit im dualen System kritisch beleuchtet.