Die Corona-Pandemie hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen einen Digitalisierungsschub ausgelöst – so auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Doch was bleibt? Welche neuen Impulse und Anforderungen ergeben sich daraus – jenseits kreativer Geschäftsmodelle – für das berufliche Lernen? Und wo stößt das digitale Lernen an Grenzen? Die BWP-Ausgabe richtet dazu den Blick sowohl auf die Lerninhalte und zu vermittelnden Kompetenzen als auch auf methodisch didaktische Fragen.
Die Integration von Technologien wird in der Bildung zunehmend zu einem Muss und ist durch die COVID-19-Pandemie noch dringlicher geworden. In der (dualen) Berufsbildung lautet die Frage, inwieweit wir das didaktische Potenzial von Technologien tatsächlich ausschöpfen, um Lehr- und Lernprozesse zu unterstützen. Dieser Beitrag bündelt die Ergebnisse eines über 16 Jahre laufenden Langzeitforschungsvorhabens und geht von der Annahme aus, dass dafür in erster Linie ein starkes pädagogisches Konzept und nicht unbedingt die neueste Spitzentechnologie benötigt wird. Auf dieser Grundlage wird der „Erfahrraum“ als ein berufsbildungsspezifisches pädagogisches Modell für die Technologieintegration eingeführt, das darauf abzielt, lernortübergreifendes Lernen zu verbessern. Seine Wirksamkeit für das Lernen und die Konnektivität zwischen den Akteuren der Berufsbildung wird an einem Beispiel veranschaulicht. Abschließend werden die Projektergebnisse mittels zweier zusammenfassender Begriffe erörtert: visuell basierte Reflexion und Kooperation.
Mit Learning Analytics werden allgemein sozio-technologische Data-Mining-, Analyse- und Interventionspraktiken bezeichnet, die das Ziel verfolgen, Bildungsprozesse individuell und systemisch zu unterstützen. Trotz umfassender Potenziale werden Learning Analytics nur zögerlich in der Berufsbildung eingesetzt. Als Gründe werden Defizite in organisatorischen Strukturen sowie mangelnde personelle und technologische Ausstattungen der Organisationen genannt. Dieser Beitrag analysiert Entwicklungslinien um Learning Analytics, skizziert den damit verbundenen aktuellen Forschungsstand, stellt ein holistisches Rahmenmodell für Learning Analytics-Systeme vor und reflektiert ethische und datenschutzrechtliche Prinzipien.
Der Einsatz von digitalen Medien ist in der beruflichen Bildung vor allem dann lernförderlich, wenn er von den Lernenden selbst gezielt und effektiv gesteuert wird. Mediennutzung und Selbststeuerung stellen dabei hohe Anforderungen an die Lernenden, die von Wissenschaft und Politik formuliert und begründet und von der Bildungspraxis hinreichend berücksichtigt werden müssen. In diesem Beitrag stellen wir je ein Kompetenzraster für digital gestütztes und selbstgesteuertes Lernen vor und unternehmen analytische Überlegungen zu deren Verbindung. Ihr Ziel ist der Entwurf eines integrierten Kompetenzrasters für das selbstgesteuerte Lernen mit digitalen Medien.
Im Industrie-Projekt LidA wurde bei verschiedenen Unternehmen untersucht, wie Lernpfade zur Förderung überfachlicher Kompetenzen lernförderlich zu gestalten sind. Hierzu wurden digitale Lerninhalte modulbasiert in drei Lernpfadvarianten dargeboten: streng geführt, autonom oder mit zusätzlichen Lernhilfen. Die Ergebnisse einer empirischen Studie zeigen, dass der Lernerfolg nicht allein von der Gestaltung des Lernpfads abhängt, sondern weitere Faktoren eine Rolle spielen. Aus ihrem Zusammenwirken lassen sich Schlussfolgerungen für die Gestaltung digitaler Lernpfade ziehen.
In der beruflichen Aus- und Weiterbildung kommen zunehmend digitale Medien zum Einsatz, darunter auch Simulationen sowie Virtual und Augmented Reality (VR/AR). Berufliches Lernen in virtuellen Räumen bietet neue Möglichkeiten, ist aber auch mit spezifischen Grenzen im Vergleich zum Lernen am analogen Gegenstand konfrontiert. Anhand eines Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Erprobung einer virtuellen Lernumgebung in der Konstruktion und Wartung von Industriekranen wird im Beitrag systematisiert, welche Lerninhalte sich in der virtuellen Realität gut oder weniger gut vermitteln lassen und welche Anforderungen an VR-Lerntools hieraus abgeleitet werden können. Abschließend wird diskutiert, inwieweit die Erkenntnisse für das (berufliche) Lernen in digitalen Räumen verallgemeinert werden können.
Der Einsatz digitaler Assistenzsysteme (DAS) kann die berufliche Kompetenzentwicklung von Auszubildenden in der überbetrieblichen Ausbildung unterstützen. Der Beitrag beschreibt die Entwicklung und Erprobung eines DAS im Rahmen des Projekts „EvAMEI“ in der Gemeinschafts-Lehrwerkstatt Arnsberg GmbH (GLW). Hintergründe, Zielsetzung und konzeptionelle Überlegungen hierzu werden vorgestellt.
Christina Hanck; Susanne Wagner; Thomas Hagenhofer
Der Beitrag stellt Ergebnisse des Projekts InProD2 – Inklusion in der Produktion in der Druckindustrie vor und schildert die Erfahrungen bei Einsatz und Anpassung von textoptimierten digitalen Lehr-/Lernmedien in Form einer Virtual-Reality-Anwendung und einer digitalen Lernapp. Abschließend werden die Transfermöglichkeiten in andere Themen und Branchen beschrieben.
Digitalisierung ist als Megatrend in der berufsbezogenen Weiterbildung nicht mehr wegzudenken. Die wachsende Vielfalt von digitalen Weiterbildungsangeboten verstärkt jedoch den ohnehin marktförmig organisierten „Weiterbildungsdschungel“ mit seinem verzweigten Angebotsgeflecht. Um die Transparenz zu erhöhen, fördert das BMBF mit INVITE die Vernetzung und den Ausbau vorhandener digitaler (Weiter-)Bildungsplattformen. Neben der verbesserten Auffindbarkeit von Weiterbildungsangeboten soll individualisiertes Lernen für eine breite Zielgruppe ermöglicht werden.
ChoiceLab ist eine neue Online-Ressource, die für die Berufsorientierung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden in Deutschland entwickelt wurde und in 2021 gestartet ist. In Ergänzung zu bestehenden Angeboten zielt ChoiceLab auf immaterielle Faktoren bei der Berufswahl ab: Lassen sich in einem Beruf Arbeit und Privates gut miteinander vereinbaren? Wie belastend ist die Tätigkeit und wie viel Autonomie kann man in einem Berufsfeld erwarten? Damit bietet www.choicelab.de ein Angebot, das über die Orientierung an persönlichen Fähigkeiten oder finanziellen Anreizen hinausgeht.
In Zeiten von schnellen und starken technologischen Veränderungen wird die Relevanz einer praxisnahen Aus- und Weiterbildung immer größer. Neue Formen und Orte des Lernens, die sowohl für künftige Fachkräfte als auch Beschäftigte in Unternehmen eine selbstständige und praxisorientierte Qualifizierung bieten, rücken in den Fokus. Vor diesem Hintergrund werden im Beitrag das Konzept und die Potenziale von Lehrfabriken als moderne Lernorte skizziert.
Die ehrenamtliche Selbstverwaltung im Handwerk ist eine der Säulen, auf denen auch die duale Ausbildung im Handwerk fußt. Durch den Fachkräftemangel fehlen allerdings auch hier Nachrücker/-innen. Das Handwerk reagiert auf diese Entwicklung mit Projekten zur Gewinnung bislang unterrepräsentierter Zielgruppen, darunter auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Dazu zählt die Initiative „Botschafterinnen und Botschafter des Handwerks“, die in diesem Beitrag vorgestellt wird.
Durch die Internationalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft erweitern sich die Anforderungen an Fachkräfte. Doch welche Kompetenzen ermöglichen es ihnen, in internationalen und interkulturellen Kontexten erfolgreich zu agieren? Was bedeutet „internationale berufliche Handlungskompetenz“ und wie kann sie Eingang in Ausbildungsordnungen finden? Antworten auf diese Fragen bietet ein neu konzipierter Kompetenzbaukasten mit konkreten Formulierungsbeispielen, der als Unterstützungsangebot für Sachverständige in Ordnungsverfahren entwickelt wurde.
Zum 1. August 2022 treten die Verordnungen der Ausbildungsberufe Binnenschiffer/- in mit den Schwerpunkten Frachtschifffahrt und Personenschifffahrt sowie Binnenschifffahrtskapitän/-in in Kraft. Bei der Erarbeitung der Ausbildungsinhalte und Prüfungsanforderungen waren teilweise neue EU-Richtlinien zu berücksichtigen. Der Beitrag beschreibt die Herausforderungen, die bei der Entwicklung der beiden Ausbildungsordnungen zu bewältigen waren und welche Lösungen gefunden wurden, um nationale mit europäischen Standards in Einklang zu bringen.
Mit dem Berufsbild „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“ wurden 2020 die Berufe der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zusammengeführt, um die Qualität und Attraktivität der Pflegeausbildungen zu steigern. Die generalistische Ausbildung befähigt dazu, Menschen aller Altersstufen zu pflegen. Neue heilkundliche Module im Anschluss an die Pflegeausbildung ermöglichen den Erwerb erweiterter Kompetenzen.
Digitale Medien verändern das berufliche Lernen. Eigeninitiative und Motivation sind gefragt bei der selbstgesteuerten Erschließung von Inhalten und Zusammenhängen. Im BWP-Podcast werden zwei Projekte vorgestellt, die Auszubildende dazu anregen, sich mit der digitalen Welt auseinanderzusetzen. Norman Balke vom Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Halle spricht über den Ideenwettbewerb AZUBI4ID und Dr. Markus Schäfer vom Zentrum für schulpraktisches Lernen Dortmund stellt das pädagogische Konzept von kfz4me vor und berichtet von Umsetzungserfahrungen.