Welche Veränderungen hat die Einführung von Bachelorstudiengängen im Bildungs- und Qualifikationssystem bewirkt? Stehen die neuen berufsqualifizierenden Studiengänge in Konkurrenz zu dualen Aus- und Fortbildungsgängen oder lassen sich vielmehr Synergien nutzen? Zu diesen und weiteren Fragen präsentiert die BWP-Ausgabe 2/2010 im Themenschwerpunkt „Bachelor und Berufsbildung“ erste wissenschaftliche Befunde, konzeptionelle Überlegungen und Praxisbeispiele. Im Editorial zum Heft hebt BIBB-Forschungsdirektor PROF. DR. REINHOLD WEIß hervor, dass berufliche und Bachelor-Abschlüsse weniger in einem Konkurrenz- als vielmehr in einem komplementären Verhältnis stehen. Anregungen, wie eine Verbindung zwischen akademischem und berufspraktischem Lernen gewinnbringend gestaltet werden kann, geben Praxisbeispiele aus Hochschul- und Unternehmenssicht in dieser Ausgabe.
Die Chancen der neuen Studienstruktur sollten für die Berufsbildung genutzt werden im Sinne von Komplementarität statt Konkurrenz. Prof. Weiß, Forschungsdirektor des BIBB, hält eine bessere Verzahnung und Anrechnung zwischen Berufsbildung und Hochschulbildung, aber auch zwischen Ausbildung und Fortbildung für notwendig.
Ein reibungsloser Übergang von der beruflichen Ausbildung in die Erwerbstätigkeit ist eine grundlegende Voraussetzung zur Realisierung erfolgreicher Berufsverläufe. Dieser Übergang an der 'zweiten Schwelle' verläuft jedoch nicht für alle Absolventinnen und Absolventen einer dualen Ausbildung gleichermaßen positiv. Eine Analyse von Mikrozensusdaten zeigt, dass er je nach Schulabschluss und Ausbildungsfeld variiert.
Der Soziologe BURKART LUTZ hat Mitte der 1970er Jahre die These vertreten, dass die berufliche Ausbildung 'zum Kernstück des gesamten Bildungssystems' werden müsste. Das Plädoyer für die berufliche Bildung darf dabei jedoch nicht als eine umstandslose Befürwortung der bestehenden Praxis beruflicher Bildung (miss-)verstanden werden. Worum es geht, ist das Prinzip des Lernens, das als handlungs-, aufgaben- und projektorientiert bezeichnet wird und bei dem Bildung sich nicht nur auf das 'to know what' (wissen), sondern auch auf das 'to know how' (können) bezieht. Die wesentliche Differenz zur schulischen und hochschulischen Bildung liegt darin, dass die Anwendung von Wissen als ein unverzichtbarer und gleichwertiger Bestandteil von Bildung angesehen wird. Der Beitrag greift dieses Plädoyer für die berufliche Bildung auf und führt es insbesondere mit Blick auf die Bildung an Hochschulen weiter.
Die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Hochschule ist in Deutschland nach wie vor mangelhaft. Die Bildungspolitik setzt darauf, die Durchlässigkeit zwischen den beiden Bildungssystemen durch Verfahren zur Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge zu verbessern. Die bisherigen Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich mit den vorgeschlagenen Verfahren nur wenige Inhalte aus beruflichen Ausbildungsgängen auf Studiengänge anrechnen lassen. Als Alternative wird in diesem Artikel ein Vorschlag skizziert, auf berufliche Kompetenzen und Erfahrungen aufbauende Bachelorstudiengänge als akademische Weiterbildung für Fachkräfte einzurichten. In einem solchen Ansatz wird eine Chance gesehen, Berufsbildung und Hochschule systematisch- aufbauend miteinander zu verbinden und damit durchlässige berufliche Karrierepfade zu schaffen.
This article describes the involvement of higher education and business in the development of new vocational qualifications for 14-19 year-olds in England. It is intended that this 'co-production' will lead to a set of qualifications which have an 'applied' character and which support progression into both employment and higher education. National availability, strong brand promotion and the inclusion of functional and generic skills are intended to encourage continued participation in education/ training. Relatively low participation in education/training post-16 is perceived as a particular problem in England. The Diploma complements new legislation that requires all 17 years-olds to remain in education or training by 2013 and all 18 year-olds by 2015. The article considers how the facility for progression from Diplomas to university affects the success of the reform and explores possible connections between Diplomas and previously introduced two year vocational degrees in English universities. The article ends with a brief review of how the Diploma reform addresses issues of social inclusion in higher education.
Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge hat sich die Hochschullandschaft in Deutschland grundlegend verändert. Durch die Bachelorstudiengänge kann nach dem sechsten Fachsemester ein erster berufsqualifizierender Abschluss erreicht werden; diesen Zeitrahmen sehen etwa drei Viertel der Bachelorstudiengänge vor. Das Bachelorstudium rückt damit zeitlich an die duale Berufsausbildung heran und bietet eine Alternative für Unternehmen, die beruflichen Nachwuchs rekrutieren. Ob Bachelorabschlüsse in ihrer Funktion und Zielsetzung tatsächlich als Alternative zur Berufsausbildung oder zur beruflichen Aufstiegsfortbildung wahrgenommen werden und welche Implikationen sich für das Berufsbildungssystem ergeben, analysiert der folgende Beitrag.
Ute Hippach-Schneider; Philipp Gonon; Tanja Weigel
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern die im Rahmen des Bologna-Prozesses erfolgte Expansion des tertiären Bildungssektors und seine stärkere Orientierung an der Beschäftigungsfähigkeit der Hochschulabgänger/-innen dazu führt, dass Absolventinnen und Absolventen einer Berufsausbildung am Arbeitsmarkt benachteiligt werden. Das Projekt 'Rekrutierung auf der mittleren Qualifikationsebene' weist darauf hin, dass aus Sicht der Rekrutierungsverantwortlichen Bachelorabschlüsse zukünftig zwar vermutlich mehr nachgefragt werden, ohne jedoch die Rolle der Berufsbildung wirklich zu schmälern. Dies lässt sich in der Schweiz auch darauf zurückführen, dass Fachhochschul-Bachelor in der Regel zunächst eine Berufsausbildung absolviert haben
Zunehmende Anforderungen an Fachkräfte und eine gewisse Skepsis, ob durch singuläre Bachelorstudiengänge die Beschäftigungsfähigkeit zukünftiger Absolventinnen und Absolventen gesichert werden kann, führten bei der ThyssenKrupp Steel Europe AG zur Konzeption des Young Potential Programms. Das im Jahr 2007 gestartete Programm ist Teil einer langfristig angelegten Personalentwicklungsstrategie und besteht aus Bachelorstudiengängen, die im Rahmen eines Begleitprogramms um Seminare, Workshops und weitere informelle Lernarrangements angereichert werden. Das Qualifizierungsangebot findet sowohl berufs- als auch ausbildungsbegleitend statt. Im Beitrag wird das Programm in seiner Zielsetzung und Konzeption skizziert. Es werden Hintergründe dargestellt, die zur Auflegung des Programms geführt haben, und erste Einschätzungen zur Umsetzung gegeben.
Durch rapide gesellschaftliche Veränderungen und neue Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gewinnt die akademische berufliche Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten ist sowohl seitens der Unternehmen als auch der Arbeitnehmer/-innen hoch. Die Hochschulen sind aufgefordert, darauf zu reagieren und Wege für lebenslanges Lernen aufzuzeigen, indem sie außerhalb der Hochschule erworbene Kenntnisse auf Hochschulabschlüsse anerkennen und Möglichkeiten schaffen, diese Kenntnisse mit dem Ziel weiterzuentwickeln, einen akademischen Abschluss zu erreichen. Dieser Beitrag stellt einen Studiengang vor, der es Berufstätigen ermöglicht, durch die Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen bis zu 50 Prozent der zu erbringenden Studienleistung abzugelten.
In den vergangenen Jahren ist das Interesse an dualen Studiengängen kontinuierlich gestiegen. Sie gewinnen nicht zuletzt deshalb an Bedeutung, weil sie durch die Verzahnung von akademischem und beruflichem Lernen die Möglichkeit bieten, Fachkräfte umfassend für anspruchsvolle Tätigkeiten zu qualifizieren. Der Beitrag beschreibt aktuelle Entwicklungen auf der Grundlage der Datenbank AusbildungPlus.
Ein Kernproblem vieler Bildungssysteme ist die fehlende Möglichkeit, auf verschiedenen Wegen zu Qualifikationen zu gelangen, die nicht nur anerkannt, sondern auch auf anderen Lernwegen für weitere Abschlüsse angerechnet werden. In der BWP 6/2004 wurde als Ideenskizze formuliert, dass durch die 'gemeinsame Währung in Form eines Credit-Systems' in Europa ein Brückenschlag zwischen beiden Prozessen - Bologna und Kopenhagen - und damit auch ein Brückenschlag zwischen den Arten des Lernens und der unterschiedlichen Lernorte vollzogen werden kann. Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit sich die damaligen Hoffnungen erfüllt haben bzw. inwieweit der vorgelegte Entwurf eines allumfassenden Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) die Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Hochschulbildung fördern kann.
Die Sensibilisierung der unterschiedlichen Bildungsakteure für das Thema Qualitätssicherung ist ein Anliegen, das auch die Umsetzungsphase der Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung bis 2013 begleitet. Weiterhin ist Qualitätssicherung ein Kernelement im Zusammenhang mit dem europäischen und deutschen Qualifikationsrahmen sowie dem europäischen Bezugsrahmen für Qualitätssicherung in der der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQUARF). In diesem Umfeld hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie einen Auftrag zum 'synoptischen Vergleich der Qualitätssicherungssysteme in der beruflichen und akademischen Bildung' an die Prognos AG/CHE Consult GmbH erteilt. Zentrale Befunde werden in diesem Beitrag vorgestellt.
Die kompetenzbasierte Neuausrichtung des dualen Systems bietet den Vorteil, anschlussfähig an die Entwicklungen zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Bildungs- und Beschäftigungsraumes zu sein und mit dazu beizutragen, die Berufsausbildung im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen angemessen zu platzieren. Um Kompetenzorientierung in den Ausbildungsordnungen zu verankern bedarf es einer konzeptionellen Grundlage, die systematisch an die Ordnungsarbeit anknüpft und Verfahrensschritte zur Umsetzung benennt. Im Beitrag werden ein Konzept zur Gestaltung kompetenzbasierter Ausbildungsordnungen vorgestellt sowie daraus resultierende Veränderungen gegenüber den derzeitigen Ordnungsmitteln und -verfahren aufgezeigt.
Wenngleich das Berufsbildungsgesetz für Auszubildende eine angemessene Vergütung vorsieht, gibt es immer wieder Anlässe, diesbezügliche Fragen gerichtlich zu klären. Der Beitrag gibt hierzu einen Überblick und geht auch auf Vergütungsfragen bei Praktika ein.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 17. Dezember 2009 in Bonn die Empfehlung "RAHMENREGELUNG für Ausbildungsregelungen für behinderte Menschen gemäß § 66 BBiG / § 42m HwO" verabschiedet.