Mit über 400.000 Abschlussprüfungen im Jahr stellt das Prüfungswesen einen wichtigen Bereich des beruflichen Ausbildungssystems dar. Prüfungen geben nicht nur Auskunft über Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten des Individuums, sondern auch über die Leistungsfähigkeit des Berufsbildungssystems. Um beiden Funktionen gerecht zu werden, bedarf es einer kontinuierlichen Qualitätssicherung. Die BWP-Ausgabe geht der Frage nach, wie das Prüfungswesen mit dem Wandel in der Berufsbildung Schritt halten kann. Wie finden Forschungserkenntnisse Eingang in die Prüfungspraxis und wie bilden sich Veränderungen der Ausbildungspraxis in der Prüfungsgestaltung ab? Welche Anforderungen stellen sich an die Organisation von Prüfungen und an die Kompetenzen der zumeist ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer? Diese und weitere Fragen sind Gegenstand der BWP-Ausgabe.
2002 wurde die gestreckte Abschlussprüfung zum ersten Mal in fünf Berufen erprobt, 2005 dann im novellierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) als alternative Prüfungsstruktur zur klassischen Zwischen- und Abschluss-/Gesellenprüfung aufgenommen. Doch wie viele anerkannte Ausbildungsberufe gibt es mittlerweile mit dieser Prüfungsstruktur? Und welche Anzahl an Neuabschlüssen in den Berufen nach BBiG/HwO steht dahinter?
Das Berufsbildungsgesetz von 2004 wollte in der schweizerischen Berufsbildung eine größere Vielfalt an Formen ermöglichen, um die Handlungskompetenz der Berufslernenden zu überprüfen. Impulse für Entwicklungen konnten zwar gesetzt werden, die Vieldeutigkeit dieser Impulse und des zugrunde liegenden Kompetenz-Konzepts ließ einige Entwicklungen aber auch versanden. Der Beitrag geht der Frage nach, wo anspruchsvolle pädagogische Konzepte Entwicklungen wirklich bestimmen und die Prüfungskultur prägen und wo sie unter dem Druck administrativer, finanzieller oder institutioneller Interessen zu leeren Legitimationsformeln verkommen.
Während sich im allgemeinbildenden Bereich im Zuge von Gerechtigkeits- und Qualitätsüberlegungen Bestrebungen zur Zentralisierung von Prüfungen abzeichnen, wird in der Berufsbildung aktuell über mehr Dezentralisierung beraten. Im Beitrag werden vor diesem Hintergrund Kritikpunkte an zentralen Abschlussprüfungen diskutiert und den Vorzügen gegenübergestellt. Im Ergebnis legt der Forschungsstand für das derzeitige Prüfungswesen einen substanziellen Grad an Plausibilität nahe. Gleichwohl ergeben sich Entwicklungsperspektiven, die abschließend aufgezeigt werden.
Seit Mai 2019 werden im Rahmen der Transferinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung(BMBF) sechs Projekte gefördert, die computerbasierte Lern- und Testinstrumente wissenschaftlich entwickeln und in Ausbildungs- und Prüfungskontexten erproben. Der Beitrag erläutert Hintergrund und Zielsetzung der Initiative. Zudem werden die geförderten Projekte benannt und deren möglicher Beitrag zur Lösung aktueller Herausforderungen in der Ausbildungs- und Prüfungspraxis skizziert.
Die Abschlussprüfungen in der dualen Berufsausbildung stehen unter einem enormen Modernisierungsdruck. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt "Arbeitnehmerbeauftragte im Prüfungswesen in der digitalen Arbeitswelt" (APdA) hat sich mit diesen Veränderungen ausführlich beschäftigt und mit dem Diskussionspapier zur "Dualen Kompetenzprüfung" einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Prüfungen im dualen System vorgelegt. Hintergründe und zentrale Forderungen werden im Beitrag vorgestellt.
Die IHK Flensburg benötigt zur Besetzung ihrer 213 Prüfungsausschüsse und zur Durchführung von rund 2.300 Aus- und Fortbildungsprüfungen eine große Zahl Prüferinnen und Prüfer. Für diese ehrenamtliche Aufgabe müssen Fachkräfte motiviert werden und Unternehmen bereit sein, Beschäftigte freizustellen. Im Beitrag wird erläutert, mit welchem Bündel an Maßnahmen die fristgerechte Rekrutierung gelingen kann.
Im Auftrag des Bundes bietet das EHB Kurse für Prüfungsexpertinnen und -experten und Chefexpertinnen und -experten in Qualifikationsverfahren der beruflichen Grundbildung an. Im Beitrag werden die verschiedenen Kursangebote vorgestellt, die die am Qualifikationsverfahren beteiligten Fachkräfte auf die unterschiedlichen Aufgaben und Funktionen vorbereiten.
Mit der steigenden Zahl von Prüflingen, die Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache erworben haben, sind Prüfer/-innen immer häufiger mit Situationen konfrontiert, in denen die mündlich resp. praktisch zu prüfende Fachkompetenz aufgrund sprachlicher Hürden nur schwer einzuschätzen ist. Die IHK Ulm hat gemeinsam mit der Frankfurter Fachstelle für berufsintegriertes Sprachlernen (FaberiS) ein Seminar für Prüfer/-innen angeboten, in dem diese Thematik behandelt wird. Hintergründe, Konzeption des Seminars und erste Umsetzungserfahrungen werden im Beitrag vorgestellt.
Bei der Frage, wie Prüfungsaufgaben verständlich formuliert werden können, werden meist Personen in den Blick genommen, die Deutsch als Zweitsprache erlernt haben. Doch auch muttersprachliche Prüflinge profitieren von Aufgaben, die frei von vermeidbaren sprachlichen Hürden sind. Der Beitrag benennt Gründe, warum die Diskussion um sprachbewusste Prüfungen aktuell wieder verstärkt geführt wird, und stellt Anregungen vor, wie Prüfungsaufgaben verständlich formuliert werden können, ohne dabei den fachlichen Anspruch zu reduzieren.
Zusatzqualifikationen bieten die Möglichkeit, eine Ausbildung berufs- und betriebsspezifisch anzureichern oder auch neue Technologien als zusätzliche Optionen in die Ausbildung zu integrieren. Sie sind formal geregelt, werden von den zuständigen Stellen zusätzlich geprüft und separat bescheinigt. Der Beitrag beschreibt die ersten Erfahrungen zur Prüfung der neuen Zusatzqualifikationen in den industriellen Metall- und Elektroberufen und dem Beruf Mechatroniker/-in. Ihnen gelten besondere Aufmerksamkeit und hohe Erwartungen im Zuge der fortschreitenden Qualifizierung für die Digitalisierung.
Mit dem Aufbau von Prüfungsaufgabendatenbanken (PADB) steht den Handwerkskammern ein wachsendes Angebot von Prüfungsaufgaben für die schriftlichen Meister- bzw. Fortbildungsprüfungen zur Verfügung. Alle Aufgaben sind im überregionalen Austausch entstanden und entsprechen gemeinsam vereinbarten Qualitätskriterien. In der Auswahl und Gestaltung der Prüfungsaufgaben bleiben die Prüfungsausschüsse vollkommen autark. Der Beitrag gibt Einblick in die Verfahrensschritte bei der Erstellung von PADB und zeigt die Rolle der ZWH bei der Qualitätssicherung auf. Deutlich werden die Vorzüge einer solchen kollaborativen Prüfungsaufgabenerstellung mit Blick auf die hohe Rechtssicherheit der Aufgaben und hinsichtlich der Entlastung der ehrenamtlich tätigen Prüfer/-innen.
Das Bundeskabinett hat am 9. Oktober 2019 einen Gesetzesentwurf beschlossen, der darauf abzielt, die sogenannte Meisterpflicht für zwölf der 52 Handwerke, die derzeit zulassungsfrei betrieben werden können, wieder einzuführen. Eckpunkte der rechtlichen, ökonomischen und wirtschaftspädagogischen Diskussion um die Wiedereinführung der Meisterpflicht werden im Beitrag dargelegt. Zunächst wird ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen eine Meisterpflicht rechtlich überhaupt zulässig ist. Dann wird aus wirtschaftspädagogischer Perspektive die Bedeutung der Meisterprüfung für die Ausbildungsleistung im Handwerk erläutert.
Digitale Medien und Technologien verändern die Arbeitswelt. Die hohe Dynamik macht künftige Kompetenzanforderungen an Beschäftigte schwer vorhersehbar. Im vom BMBF geförderten Projekt MEDEA wurde ein Qualifizierungskonzept erprobt, das weniger auf die Vermittlung spezifischer technologischer Inhalte setzt, als vielmehr das Ziel verfolgt, die Selbstlernkompetenzen der Beschäftigten zu fördern. Damit sollen sie befähigt werden, den digitalen Wandel nicht nur zu bewältigen, sondern partizipativ mitgestalten zu können. Der Beitrag stellt das Konzept vor und reflektiert anschließend Erfahrungen aus der Erprobung.
Regelungen für die berufliche Fortbildung gibt es sowohl mit bundesweiter als auch mit regionaler Gültigkeit. Anhand welcher Aspekte lässt sich entscheiden, welche der beiden Alternativen angemessen ist? Ausgehend von einer quantitativen Betrachtung greift der Beitrag die wesentlichen Unterschiede der beiden Möglichkeiten auf und geht der Frage nach, in welcher Form die Qualität sichergestellt wird. Am Beispiel der künftigen Fortbildungsordnung zum/zur Geprüften Restaurator/-in im Handwerk wird die Überführung zahlreicher Kammerregelungen in eine Bundesregelung dargestellt.
"Digitaler Wandel" ist ein Schlagwort, das die Berufsbildung intensiv beschäftigt. Auch in der BWP haben wir uns diesem Thema in den vergangenen Jahren immer wieder gewidmet. Nun verändert der digitale Wandel nicht nur die Arbeits- und Berufswelt, sondern auch die Medienlandschaft, mithin die BWP selbst. Das wirft Fragen auf: Sollen wir die BWP zu einer Online-Zeitschrift weiterentwickeln? Hat bedrucktes Papier noch Zukunft? Bei der Suche nach Antworten waren uns Ihre Hinweise aus der Leserbefragung 2018 eine große Hilfe. Wir möchten Ihnen nun einen kleinen Vorgeschmack auf dasgeben, was Sie ab 2020 erwartet.