Das Thema Inklusion wird bildungsbereichsübergreifend kontrovers diskutiert. Wie kann es gelingen, alle Menschen entsprechend ihren Lernbedürfnissen und individuellen Voraussetzungen an hochwertiger Bildung teilhaben zu lassen? Die BWP-Ausgabe geht der Frage nach, welche Anforderungen das Inklusionskonzept an die berufliche Bildung stellt, welche Chancen es birgt und welche Veränderungen erforderlich sind, um gleichberechtigte Teilhabe in und durch Berufsbildung zu erreichen.
Eine Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf ist für die meisten Auszubildenden ein erstrebenswertes Ziel. Doch gelingt dies nicht allen. Wie groß der Anteil junger Erwerbstätiger ist, die nach ihrer Ausbildung nicht in ihrem erlernten Beruf arbeiten und mit welchen Faktoren ein Berufswechsel zusammenhängt, wird anhand der BIBB/ BAuA-Jugenderwerbstätigenbefragung 2011/2012 aufgezeigt.
Der Anspruch, allen Menschen unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen die Teilhabe an qualitativ hochwertiger Bildung zu ermöglichen, stößt generell auf breite Zustimmung. Geht es an die Umsetzung dieses für ein inklusives Bildungssystem zentralen Leitprinzips, scheiden sich jedoch die Geister. Vielen scheint ein solch weitreichendes Konzept, mit dem eine Veränderung grundlegender Strukturen im Bildungssystem einhergeht, kaum umsetzbar. Klaus Hebborn verdeutlicht, dass der Weg zu einem inklusiven Bildungssystem als Prozess zu verstehen ist, der ein gut abgestimmtes Miteinander von staatlichen Akteuren auf allen Ebenen und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft verlangt.
Mit der UN-Konvention über die »Rechte von Menschen mit Behinderungen« – die Deutschland 2009 ratifiziert hat – ist das Thema Inklusion sowohl bildungspolitisch als auch fachwissenschaftlich in den Fokus gerückt. Inklusion zielt auf gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen unabhängig von ihren individuellen Dispositionen. Im Beitrag werden Hintergründe des Inklusionskonzepts sowie Implikationen für die Berufsbildung dargestellt. Ausgehend von Exklusionsrisiken werden Ansatzpunkte zur Entwicklung von Inklusionsstrategien auf unterschiedlichen Handlungsebenen skizziert.
Marlise Kammermann; Ursula Scharnhorst; Lars Balzer
Die Schweiz verfolgt das bildungspolitische Ziel, dass 95 Prozent aller jungen Menschen einen Abschluss auf Sekundarstufe II erwerben. Mit der Einführung der zweijährigen beruflichen Grundbildungen mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) war beabsichtigt, benachteiligten Jugendlichen einen ersten qualifizierenden Abschluss zu ermöglichen, der sie befähigt, sich einerseits im ersten Arbeitsmarkt zu integrieren und andererseits in eine weiterführende Ausbildung einzusteigen. Im Beitrag werden die EBA-Berufe anhand allgemeiner Kennzahlen beschrieben. Danach wird ein differenzierter Blick auf kurz- und mittelfristige Inklusionseffekte geworfen und reflektiert, welches Inklusionspotenzial dieser Ausbildungstyp bietet.
Das Thema Inklusion gewinnt in der beruflichen Bildung zunehmend an Bedeutung, da unterschiedliche Personengruppen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz nach wie vor benachteiligt werden. Die UNESCO fordert in ihren Leitlinien zu Inklusion, allen Menschen den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung zu ermöglichen und sie dabei individuell zu fördern. Zur Umsetzung dieses Anspruchs wird in diesem Beitrag der Ansatz der Ausbildungsgarantie in den Blick genommen. Anhand der Erfahrungen mit diesem Modell in Österreich werden Chancen für eine bessere Integration in Ausbildung betrachtet und eine mögliche Umsetzung für Deutschland aus Sicht des DGB skizziert.
Bei der Assistierten Ausbildung wird eine reguläre betriebliche Berufsausbildung durch umfassende Vorbereitungs- und Unterstützungsangebote seitens der Jugendberufshilfe flankiert. Dadurch gelingt es, auch chancenarmen jungen Menschen eine normale betriebliche Berufsausbildung zu ermöglichen. Im Beitrag werden Chancen der Assistierten Ausbildung vorgestellt und Umsetzungserfahrungen in Baden-Württemberg skizziert.
In diesem Beitrag werden ausgewählte Prinzipien einer inklusiven Didaktik vorgestellt, mit deren Hilfe Lehrkräfte bestehende Unterrichtspraxis reflektieren können. Die Heterogenität der jeweiligen Lerngruppe zur Kenntnis zu nehmen und als Ausgangspunkt für didaktische Planungen zu machen, ist hierbei handlungsleitend. Der Ansatz des Kooperativen Lernens gilt für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen als besonders geeignet. Er wird in seinen Grundzügen unter der Berücksichtigung der didaktischen Prinzipien dargestellt.
Die Frage, in welchen institutionellen Settings Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) besser lernen, wird aktuell sowohl in der Scientific Community als auch in der Öffentlichkeit äußerst kontrovers diskutiert. Obwohl diese Kinder zunehmend inklusiv bzw. integrativ an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden, liegen bislang kaum empirische Ergebnisse zu den differenziellen Effekten der Beschulung in Förderschulen bzw. den sonstigen allgemeinbildenden Schulen im deutschen Schulsystem vor. Die diesem Beitrag zugrunde liegenden wissenschaftlichen Analysen bearbeiten diese Forschungslücke auf der Grundlage von Daten des IQB-Ländervergleichs 2011 für die Primarstufe 1. Aufgezeigt werden können deutliche Unterschiede zugunsten der Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern mit SPF in inklusiven bzw. integrativen Settings an Grundschulen.
Jugendliche, die eine Berufsausbildung anstreben, bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit. Diese Vielfalt gilt es bei der individuellen Förderung zu berücksichtigen. Die Beherrschung der Schriftsprache ist eine wichtige Voraussetzung, damit der Übergang in Ausbildung gelingen kann. Im Rahmen des BIBB-Modellprogramms »Neue Wege/Heterogenität« wurden Instrumente zur Schriftsprachförderung entwickelt, die in diesem Beitrag vorgestellt werden.
Die im BBiG und in der HwO enthaltene Verpflichtung zum »Nachteilsausgleich« ermöglicht es behinderten Menschen u.a., einen staatlich anerkannten, regulären Ausbildungsberuf zu ergreifen und einen entsprechend qualifizierten Berufsabschluss zu erwerben. Die folgenden Ausführungen zeigen, was sich hinter dem Begriff »Nachteilsausgleich« verbirgt und wie die Inklusion behinderter Menschen dadurch gelingen kann.
Im europäischen Programm für Bildung, Ausbildung, Jugend und Sport Erasmus+ stellt die Förderung von Chancengleichheit und Inklusion ein prioritäres Ziel dar. Insbesondere die Strategischen Partnerschaftsprojekte bieten vielfältige Möglichkeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Der Beitrag verdeutlicht das Verständnis von Chancengleichheit und Inklusion im Programm Erasmus+ und das Gestaltungspotenzial, das das Thema für Programmaktivitäten in der Berufs- und Erwachsenenbildung bietet.
Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt, die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ist gestiegen, die Zahl der Arbeitslosen gesunken. Allerdings profitieren nicht alle Personengruppen gleichermaßen vom Aufschwung am Arbeitsmarkt. Vor allem unter den Arbeitslosen aus dem Rechtskreis des SGB II gibt es eine fatale Tendenz zur Verstetigung von Exklusion. Dies ist besonders problematisch, wenn die Exklusion vom Arbeitsmarkt junge Menschen am Beginn ihrer Erwerbsbiografie trifft. Im Beitrag wird das Pilotprojekt »ZIEL – Zielgerichtete Integration junger Langzeitarbeitsloser« in Sachsen vorgestellt und untersucht, welchen Beitrag es leisten kann, den Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Verlust an Beschäftigungsfähigkeit und Qualifikationsverschleiß zu durchbrechen.
Ein fehlender Berufsabschluss erhöht das Risiko, arbeitslos zu werden und dauerhaft zu bleiben. Ziel des Bremer Modellvorhabens »Nachqualifizierung als Vorbereitung auf die Externenprüfung (NQVorE)« ist es, nicht ausreichend formal qualifizierte Arbeitslose über eine gezielte Nachqualifizierung zu einem anerkannten Berufsabschluss zu führen. Im Beitrag werden Erfahrungen mit individuell auf die Bedarfe der Adressaten ausgerichteten Kompetenzüberprüfungen und Nachqualifizierungsmaßnahmen vorgestellt und diskutiert.
Im Pilotprojekt »FAB - Flüchtlinge und Asylbewerber im Bauhandwerk« werden auf der Lehrbaustelle Bebra handwerkliche Grundfertigkeiten vermittelt. Im Idealfall mündet die praxisorientierte Förderung und Begleitung in ein festes Ausbildungsverhältnis. Der Beitrag beschreibt Entwicklung, Durchführung und Ziele der Maßnahme.
Im Zuge der weiteren Verortung von Bildungsgängen zum Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) wird derzeit die Zuordnung der theoriegeminderten dreijährigen Fachpraktikerabschlüsse nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. § 42m Handwerksordnung (HwO) erörtert. Der Beitrag zeigt die gegenwärtige Situation dieser Sonderausbildungsgänge für Menschen mit Behinderung auf und geht der Frage nach, was getan werden sollte, um eine valide Zuordnung der Fachpraktikerregelungen zum DQR zu ermöglichen.